Sozialistische Zeitung |
Noch ein paar Tage und sie haben es geschafft. Zu den Kommunalwahlen in Frankfurt am Main kandidiert erstmals die
"ÖkoLinX Antirassistische Liste". Sie ist ein Projekt der Ökologischen Linken plus Anhang, und ihr Aushängeschild ist die
ehemalige Sprecherin der Grünen, Jutta Ditfurth.
Letztere zeichnet auch verantwortlich für "Redaktion und Gestaltung" eines
Wahlkampffaltblatts, das uns bei der unermüdlichen Suche nach Höhepunkten linker Dribbelkunst aufgefallen ist obwohl es farblich in einem
grässlichen Goldgelb, das einem FDP-Stadtverband würdig wäre, kombiniert mit Schwarz und Rot gehalten ist.
Schwarz, Rot, Gold zum Glück sind wir keine Freudianer… Aber geschicktere
Methoden, das Publikum an seinem aktuellen nationalistisch und rassistisch verhunzten Bewusstsein abzuholen, gibt es schon.
Der legendäre, unglücklicherweise deutsche, aber später zu Recht nach Italien
emigrierte Fußballer, Helmut Haller, konnte seinerzeit einen von hinten ankommenden Ball im Laufen mit der Hacke über den Kopf schlenzen und vorne
weiterspielen, als ob nichts gewesen wäre.
Das auch in linker Propaganda zu versuchen, ist der eigentliche Inhalt des "Manifests zu den
Kommunalwahlen" von der ÖkoLinX-ARL. So wird die schlichte Feststellung "Die 5-Prozent-Hürde wurde abgeschafft! Jede Stimme
zählt!" mit einem eleganten "Wir kommen rein"-Bogen nach vorne positioniert und erstrahlt in gekonnter Steigerung: "Gemeinsam
kommen wir durch!" Da tobt die Südkurve. Reinkommen gleich durchkommen, pasaremos.
Da sage noch eine oder einer, Durchbruchswahlkämpfe und "Letzte-Schlacht-gewinnen-
wir"-Propaganda seien nur unfügiges Privileg von Hard-core-Maoisten vom Schlage der MLPD.
Wir fänden es ja auch toll, wenn im Frankfurter Römer, ein paar antirassistische
Störenfriede wären, aber weder reicht der "Antirassismus" aus, diese Welt aus den Angeln zu heben, noch ist ein Kommunalparlament ein
Panzerkreuzer Aurora, mit dem der Revolution zum Sieg geholfen wird. Im Gegenteil, viele unser linken Zeitgenossen und -genossinnen, die in diese Horte deutscher
Leitkultur reinkamen, kamen nicht durch, sondern politisch um.
Die Kunst des Steigerns verlässt die ÖkoLinX-ARL fast im gesamten
"Manifest". In der Beschreibung der Zustände dieser Welt kommt es zu der bei Ultralinken so beliebten Ansammlung von Superlativen. Als ob
"schlechteste Verhältnisse" mehr zur Veränderung ermutigen als "schlechte"; die revolutionären Pädagogen wissen
natürlich, dass in der Regel erst "schlechtere" zur Rebellion anregen. Der Sprachmodus der Revolution ist bekanntlich der Komparativ.
Der Redakteurin Ditfurth gehen dabei selbst so merkwürdige Thesen durch, wie die, dass die
"Frankfurter MigrantInnen die teuersten Wohnungen haben".
So richtig in einen Erregungszustand steigert sich die ÖkoLinX-ARL in der Bewertung ihrer
Konkurrenten. Die Grünen "sind längst eine Partei, die sich der Kapitallogik unterwirft, dem grenzenlosen Wachstum hinterherkriecht,
Umwelttechnokratisches als Ökologie verkauft und sich zynisch gegenüber den Menschen und Natur verhält".
Das reicht doch eigentlich schon, zur Begründung einer alternativen Kandidatur. Aber nicht
für ÖkoLinX-ARL. Für sie ist der unmittelbare Steigerungsgedanke unerlässlich: "Keine Partei hat seit Beginn der neunziger Jahre so
enthemmt und skrupellos dazu beigetragen, dass die sozialen Sicherungssysteme zerschlagen werden wie die Grünen…"
Wie so häufig straft der Superlativ die richtige Analyse mit Unglaubwürdigkeit. Nicht
besser geht es der PDS: "Die Frankfurter PDS-DKP-Liste ist für uns keine linke Alternative. Die Frankfurter PDS legitimiert den subtilen bis offenen
Rassismus in der Ost-PDS."
Bis hier hin, vielen Dank. Aber wieder folgt der vermeintliche Todesstoß, der nur ins eigene
Knie geht: "Vier PDS-Mitglieder sind aus der PDS ausgetreten und kandidieren auf unserer Liste, weil sie in der Ost-PDS mehr Rassismus als im Rest der
Gesellschaft entdecken mußten…" (die Redakteurin Ditfurth folgt der alten Frankfurter FAZ-Rechtschreibung).
Wir haben in der ÖkoLinX-ARL mehr ultralinke Borniertheit entdeckt, als gut tut.
Wers mag, soll sie trotzdem wählen.
Thies Gleiss
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch. Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
Spendet steuerlich abzugsfähig!
VsP, Postbank Köln, BLZ 370100 50, Kontonummer 603 95 04