Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.09 vom 25.04.2001, Seite 15

Vor 40 Jahren

Debakel der USA in der Schweinebucht

Nach dem Sieg der kubanischen Revolution 1959 unternahm Washington verschiedene erfolglose Versuche, die Revolution, die nur 140 Kilometer vor der Küste der USA stattgefunden hatte, zu stürzen. Der berühmteste dieser Versuche fand in der Schweinebucht statt. Playa Girón, wie sie in Kuba genannt wird, war 1961 der Landungsort für etwa 1400 konterrevolutionäre kubanische Söldner, die von der US- Regierung und der CIA unterstützt wurden.
Im März 1960 hatten US-Präsident Eisenhower und der Nationale Sicherheitsrat einem Plan zugestimmt, der vorsah, in Guatemala Exilkubaner für eine Invasion vorzubereiten. Eisenhower verkündete im Juli 1960, dass die USA "die Errichtung eines vom internationalen Kommunismus dominierten Regimes in der westlichen Hemisphäre nicht tolerieren" würden.
Die CIA rekrutierte die Exilkubaner und zahlte ihnen 400 Dollar im Monat — ein Lohn, der den durchschnittlichen Verdienst eines Kubaners weit übertraf — und zusätzlich mindestens 175 Dollar für ihre Familien. Diese konterrevolutionären Exilkubaner wurden als gusanos (Würmer) bekannt. Mit den Waffen und dem technischen Knowhow der CIA wurden die gusanos in Guatemala trainiert und später nach Nikaragua verbracht, das als Sprungbrett für die Invasion diente.
Der Plan war einfach. Die kubanischen Söldner würden in Playa Girón landen und einen Stützpunkt schaffen. Eine aus den USA wohlgesinnten Personen gebildete "Provisorische Regierung" würde nach Playa Girón geflogen, um von dort die "demokratischen" Länder (d.h. die USA) um Hilfe zu rufen. Washington würde mit der Entsendung von US-Truppen antworten, um Kuba vom "Kommunismus" zu "befreien".
Am 19.Oktober errichteten die USA ein Embargo für den Handel von US-Firmen mit Kuba. Die revolutionäre Regierung antwortete mit der Verstaatlichung des verbliebenen US-Eigentums in Kuba.
Die Wahl John F. Kennedys zum Präsidenten der USA im November 1960 änderte nichts an der Feindseligkeit Washingtons gegenüber Kuba. Kennedy hatte im Wahlkampf Eisenhower kritisiert, nicht genug getan zu haben, um Kuba zu besiegen. Am 2.Januar 1961 beschuldigte Kuba die USA im UN-Sicherheitsrat, eine Invasion in Kuba vorzubereiten. Kuba forderte eine Reduzierung des Personals in der US- Botschaft in Havanna auf elf Personen, da einige Botschaftsangehörige der Spionage beschuldigt wurden. Die USA weigerten sich und am folgenden Tag brachen sie alle diplomatischen Beziehungen zu Kuba ab.
Am 3.April 1961 forderte die US-Regierung von Kuba, alle Verbindungen mit der "internationalen kommunistischen Bewegung", insbesondere Russland und China, zu lösen. Kuba hatte nach Washingtons Handelsboykott den Handel mit diesen Ländern aufgenommen. Am 12.April gab Kennedy eine Erklärung ab, in der er betonte, dass jeder Konflikt auf Kuba kein Konflikt zwischen zwei Ländern sein würde, sondern zwischen Kubanern.
Die US-Offensive begann am 15.April mit einem Bombenangriff gegen Kuba. Der von der CIA koordinierte Angriff sollte Kubas Luftwaffe so weit wie möglich zerstören und den Weg für die Invasion bereiten. Die exilkubanischen Piloten sollten sich als "Aufständische" ausgeben und die Verantwortung für den Angriff übernehmen.
Kuba war auf den Angriff vorbereitet. Seine funktionstüchtige Luftwaffe war getarnt und durch Luftabwehrkanonen geschützt, während veraltete und baufällige Maschinen dazu dienten, das feindliche Feuer auf sich zu ziehen.
Zwei B-26-Bomber der USA, die als kubanische Flugzeuge getarnt waren, überfielen um 6 Uhr morgens kubanische Flugplätze. Sieben Kubaner wurden getötet, aber die kubanische Luftwaffe kaum geschädigt.
Fidel Castro hob in einer Rede zum 35.Jahrestag der Invasion hervor: "Es war ein ungeheurer Fehler seitens Washington, denn indem sie uns angriffen und die Sache mit den aufständischen Flugzeugen erfanden, entstand bei uns sofort die Vorstellung, dass die Invasion innerhalb von 24 oder 48 Stunden möglich war. Obgleich wir bereits einen Teil des Landes mobilisiert hatten, mobilisierten wir nun das ganze Land mit allen Waffen."
Playa Girón wurde von den USA wegen der Nähe zu zwei Hauptstraßen und einem Flughafen ausgewählt, worüber die nach der Ankunft der gusanos erforderlichen US-Truppen und -Waffen transportiert werden sollten. Während die Kubaner wussten, dass ein Angriff bevorstand, hatten sie keine Ahnung, wo er stattfinden würde.
Am 17.April begann die Invasion der Söldnerarmee in Playa Girón, und lokale kubanische Milizen wurden in das Gebiet mobilisiert. Die bei dem Luftangriff nicht zerstörten kubanischen Flugzeuge wurden benutzt, die B-26-Bomber abzuwehren und die Invasoren anzugreifen. Mehrere Schiffe der gusanos, die Nachschub, Munition und Truppen transportierten, wurden versenkt, und die restlichen Schiffe drehten bei.
Die lokalen Milizen, zumeist arme Bauern, hielten den Söldnern tapfer stand, während sie auf die Verstärkung durch die nationalen Milizen warteten. Vor und während der Invasion wurden etwa 20000 verdächtige Konterrevolutionäre in Haft genommen und so die interne Unterstützung der Invasoren untergraben.
Am 18.April, als die Invasion zum Disaster wurde, gaben die CIA und Kennedy grünes Licht für drei B-26-Bomber, die von Nikaragua aus — eskortiert von sechs von einem Flugzugträger startenden Düsenjets — einen Napalmangriff auf die kubanischen Truppen fliegen sollten. Doch die Düsenjets kamen nicht rechtzeitig und die schwerfälligen B-26-Bomber wurden für die kubanischen Kampfflugzeuge zu leichten Zielen. Die Leiche eines der US-Piloten wurde von den Kubanern geborgen, die in einem Kommuniquee seinen Namen, seine Kenn- und Sozialversicherungsnummer sowie Heimanschrift veröffentlichten.
In weniger als 72 Stunden hatten die Kubaner triumphiert. Am 19.April war der Kampf zuende. Von den gelandeten Söldnern wurden 114 getötet und 1189 gefangen genommen. Die Kubaner hatten viel mehr Tote und Verwundete zu beklagen als die Invasoren.
Die Gefangenen wurden nach Havanna gebracht. Sie erhielten die Gelegenheit mit Castro zu sprechen und zu diskutieren, was spektakulär im kubanischen Fernsehen übertragen wurde. "Seien Sie ehrlich", sagte Castro zu einem der Gefangenen, "Sie müssen doch zugeben, dass Sie der erste Gefangene in der Geschichte sind, der das Privileg hat, vor der gesamten Bevölkerung Kubas und der ganzen Welt mit dem Chef der Regierung zu diskutieren, die zu stürzen sie hergekommen sind."
Als Castro fragte, wer von ihnen Zuckerrohr geschnitten habe, hob nur ein Mann die Hand. Che Guevara bemerkte dazu: "Jeder dieser Herren, die gekommen waren, hatte Eigentum besessen — zehn Häuser, 27000 caballerías Land, zwei Banken, fünf Minen, 70 Fabriken, zehn Zuckermühlen. Sie hatten wirtschaftliche Macht in ihren Händen. Sie waren die Besitzer der Produktionsmittel."
Trotz des spektakulären Scheiterns der Invasion gaben die USA ihren Krieg gegen Kuba nicht auf. Sechs Tage später verhängten die USA eine totale Blockade auf alle für Kuba bestimmte Güter. Etwa ein Jahr später brach die sog. Kubakrise aus, nachdem Kuba der Installierung sowjetischer Nuklearflugkörper zugestimmt hatte, um weiteren Invasionsversuchen der USA vorzubeugen.
In einer Rede drei Wochen nach dem Sieg in Playa Girón zog Che Guevara ein Fazit: "Es war ein Kampf von Gut gegen Böse, aber auch noch etwas anderes: es war der Klassenkampf, dessen scharfe Konturen sich in Kuba abzuzeichnen begannen. Es war der Kampf der Ausbeuter, die die Macht verloren hatten, gegen die Ausgebeuteten, die die Macht übernommen hatten und dabei waren, die andere Klasse abzuschaffen."

Viv Miley

Gekürzt aus: Green Left Weekly (Sydney), Nr.445, 18.4.2001.

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