Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.11 vom 23.05.2001, Seite 4

PDS und Rente

Einmal ist keinmal

Die PDS hatte genau eine Chance zu beweisen, dass ihr Inhalte wichtiger sind als Regierungsbeteiligung und dass Letztere ihr nur als Mittel zum Zweck gilt: das war vor zwei Wochen nach der Abstimmung über die Rentenreform im Bundesrat. Der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Harald Ringstorff, war von der Bundesregierung bearbeitet worden, die Stimmen seines Landes würden für die notwendige Mehrheit gebraucht. Weil die Koalitionsvereinbarung aber, wie es üblich ist, vorsieht, dass bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Koalitionspartnern die Regierung sich im Bundesrat enthält, und weil die PDS in Mecklenburg Rückgrat beweisen wollte und bei ihrem Nein zur Rentenreform blieb, blieb Ringstorff nur ein Trick übrig: Unabgesprochen stimmte er zu — und erklärte dies im Nachhinein zu einem Alleingang, für den er persönlich bereit sei, die ganze Bürde der Verantwortung auf sich zu nehmen.
Die Inszenierung dieses schweren Gangs gelang nicht wie gewünscht — weil die Bundesregierung auf Ringstorffs Stimmen gar nicht angewiesen war. Das Rentenpaket wäre auch ohne Mecklenburg-Vorpommern durch den Bundesrat gekommen. Und ein Alleingang war es auch nicht; die SPD im Land hat ihrem Ministerpräsidenten nachträglich den Rücken gestärkt und jede Verurteilung vermieden.
Also war die Show eine bewusste Brüskierung der PDS, die wohl nur den Sinn haben sollte zu testen, wie weit die PDS denn gehen würde, ein wie sicherer Kantonist sie denn wäre, stünde es wirklich einmal Spitz auf Knopf. Die SPD will es sich offenkundig nicht leisten, nur wegen der PDS möglicherweise einige ihrer Vorhaben nicht durchzubringen. Mit der FDP kann sie nicht so verfahren, aber bei der PDS kann man es ja mal versuchen...
Der Test war ein voller Erfolg. Der Löwe hat gut gebrüllt und ist dann geordnet der Rückzug angetreten; einmal ist keinmal. Die gewollte Provokation wollte die PDS-Führung in Schwerin nicht wahrhaben, es sei Ringstorff nur um "die Wahrnehmung von Landesinteressen" gegangen. Ist es nicht einerlei, mit welcher Begründung ein falsches Gesetz garniert wird? Wird der Rentenbetrug dadurch erträglicher? Können sich OstrentnerInnen diese Einschnitte leisten? Oder fühlt sich die PDS diesen nicht mehr verpflichtet?
Die PDS hatte nur eine Möglichkeit: sofort nach Ringstorffs Abstimmung die Koalition zu kündigen. Nur so hätte sie gegenüber den WählerInnen ihre Verlässlichkeit unter Beweis gestellt. Dass sie es nicht getan hat, beraubt die PDS eines ihrer wichtigsten Argumente, mit denen sie Regierungsbeteiligung anstrebt: sie könne auf diese Weise "das Schlimmste verhindern". Der 12.Mai hat gezeigt: sie verhindert nichts und übernimmt indirekt Mitverantwortung für eine Politik, die sie ablehnt. Oder doch nicht so ganz? Immerhin hatte Gysi — ohne Amt und Würden — vor der Abstimmung erklärt, er würde für das Rentenpaket stimmen. Vielleicht dachte auch Holter so und traute sich nur nicht, das zu sagen?
Die PDS hat nun signalisiert, dass man mit ihr alles machen kann — nur offen demütigen darf man sie nicht. Aber wer wird das denn schon? Es lassen sich doch genügend Verfahren finden, ein Umfallen zu kaschieren… z.B. dasjenige aus SPD-Kreisen, das vorschlägt, über die Haltung im Bundesrat künftig mit Mehrheit im Kabinett zu beschließen. Dann erübrigt sich die Koalitionsvereinbarung zur Gänze, dann entfällt aber auch die Wunschvorstellung der PDS zur Gänze, über den Bundesrat in die Bundespolitik ein bisschen hineinregieren zu dürfen.

Angela Klein

Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch. Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
Spendet steuerlich abzugsfähig!
VsP, Postbank Köln, BLZ 370100 50, Kontonummer 603 95 04


LeserInnenbrief@soz-plus.de
zum Anfang