Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.11 vom 23.05.2001, Seite 15

Bob Dylan wird 60

Am 24.Mai 1941 wurde Robert Allen Zimmermann als Sohn einer jüdischen Familie in Duluth (Minnesota) geboren. Ins High- School-Jahrbuch schrieb er später einmal als Berufswunsch: "Mitglied der Band von Little Richard". Damit ist bereits eine Quelle seiner Musik ausgemacht: der Rock‘n‘Roll. Die zweite kam an der Universität von Minnesota dazu, an der er sich damals noch als Robert Zimmermann einschrieb. Im Roman Donna und Jill beschreibt Marge Piercy eindrucksvoll, welchen Stellenwert die Folk Musik am Ende der 50er Jahre in den USA unter progressiven Studierenden hatte. Einer der Großen dieses Genres, Woody Guthrie, wurde zum "letzten Idol" Bob Dylans, wie er sich seit seinen ersten Auftritten, die dem Umzug nach New York folgten, nennt.
Bob Dylan saugte die populäre Musik seiner Zeit auf, versah sie mit dem damals angesagten politischen Protest, formulierte sie neu und machte Popmusik daraus. Den politischen Protest der US-amerikanischen Folkmusik eines Woody Guthrie, einer Joan Baez wie auch der Barden Pete Seeger und Phil Ochs verband er mit dem kulturellen Protest von Little Richard, Elvis Presley und anderen. Dabei lies er den Blues und auch Gospel als Elemente einfließen, die aus dem zivilen Aufbegehren der Afroamerikaner und ihrer Forderung nach der Durchsetzung gleicher Rechte kamen. Mit seinen Texten nahm er die Bewegung auf, die sich an den US-amerikanischen Hochschulen gegen die Erstarrung der McCarthy-Ära, gegen den Krieg in Korea und später in Vietnam entwickelt hatte.
Dabei packte er seine Lyrik in Melodien, die geradezu danach schrien, von einer Generation, die gegen diese Kriege war, die gegen Ungerechtigkeit aufbegehrte, an Lagerfeuern gesungen zu werden. Wie habe ich z.B. "Blowing in the Wind" genau dafür gehasst, weil es immer von Vanilleteetrinkenden, in Indientücher eingepackten Gitarrenspielern angestimmt wurde.
Erst 1991 trug Neil Young dieses Lied in der Frankfurter Festhalle in einer Form vor, die es zu seinen Ursprüngen brachte und von jedem Räucherstäbchengeruch befreite. Vor dem Hintergrund von Sirenen, Flugzeuggeräuschen und Bombeneinschlägen, spielte Neil Young die Gitarre wie in der Filmmusik zu Dead Man. Jede Note wurde quasi herausgequält. Er transformierte dabei den rebellischen Charakter des Liedes in die Zeiten des Krieges der USA und ihrer Alliierten gegen den Irak.
Es waren oft die Interpreten, wie eben Neil Young, die das Rebellische der Lieder wieder hervorholten. Dennoch hat Bob Dylan, ähnlich wie die Beatles (die er bezeichnender Weise zum Marihuanarauchen verführt haben soll) Eckpunkte gesetzt, die Popmusik und emanzipative Gesellschaftskritik für eine ganze Jugendgeneration miteinander versöhnten.
Dass "Maggie‘s Farm" auch in Punkkreisen der frühen 80er Jahren Eingang fand, hat Dylan Margret Thatcher zu verdanken. Dies Lied ist typisch dafür, wie Dylan aus einem klassischen Folksong ein rebellisches Poplied machte: 1961 sang Dylan oft "Hard Times in the Country", einen ländlichen Protestsong über das harte Leben eines Pächters mit einem ausbeuterischem Grundherrn. Dieser Song ging zurück auf "Penny‘s Farm", den Pete Seeger 1950 aufnahm. Seegers George Penny war das Gemeinste an Grundherr, was je frei herumlief. Nach und nach verschmolz Dylan, die beiden Lieder, schrieb einen neuen Text, eine neue Melodie, und es entstand "Maggie‘s Farm".
Dylan hatte sehr früh begriffen, dass Gesellschaftskritik viele Gewänder tragen kann. Der Song ist eine Verurteilung aller sinnlosen Arbeit. Für Dylans Stil damals außergewöhnlich hart. Hell, liegt seine Stimme über der Band, die eine simple R&B-Struktur zum Schwingen bringt. Zuerst macht sich der Zuhörende über die Probleme des Erzählers eher lustig, bis klar wird, dass wir alle auf irgendjemandes Farm arbeiten. Es waren Rage against the machine, die im letzten Jahr diesen Song wieder mit provozierendem Leben versahen.
1991 während des Krieges gegen den Irak bringt es Bob Dylan immerhin während der Grammy-Verleihung zu einer der besten Live-Fassungen von "Masters of War". Bei der Amtseinführung von Clinton 1993 gibt er dann allerdings eine fürchterliche Vorstellung mit "Chimes of Freedom". 1997 spielt er Wojtyla drei Songs vor, der daraufhin versucht, seine Fassung von "Blowing in the Wind" vorzutragen. Im Jahre 2000 überreicht der schwedische König Dylan den schwedischen Musikpreis, es folgen 2001 der Golden Globe und der Oskar für die beste Filmmusik. Doch auch diese Ehrungen können die Verdienste Bob Dylans um die progressive Popmusik nicht schmälern.

Tommy Schroedter

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