Sozialistische Zeitung |
Berlin ist pleite. Verantwortlich sind die große Koalition aus CDU und SPD und vor allem der Regierende Bürgermeister
Diepgen (CDU) nicht nur allgemein politisch, sondern konkret, weil sichtbar geworden ist, welch ein Morast von Filz und Korruption seit Jahrzehnten in Berlin
regiert. Die Stadtväter beklagen, der plötzliche Abbau der Berlinsubvention nach dem Fall der Mauer habe die Stadt in die Verschuldung getrieben. Da ist
einiges dran. Trotzdem konnte die Oberschicht der Stadt auch mit dem Schuldendeckel ganz gut leben bis jetzt. Jetzt ist der Sumpf so tief geworden, dass die
Verluste sozialisiert, sprich auf die abgewälzt werden, die eh wenig oder nichts haben. Der Dampf im Kessel steigt.
Nach dem Rücktritt des Fraktionsführers Landowsky wird jetzt lauter auch nach dem
Rücktritt Diepgens gerufen, und es gibt nicht wenige in der Stadt, auch unter denen, die sich als Berlins "Neue Mitte" fühlen, die wünschen,
dass die neue Regierung eine Koalition aus SPD und PDS sei. Aber was würde eine solche Regierung anders machen? Geht es nur darum, die Figuren auszutauschen,
damit die Schulden und die darauf folgende noch härtere Sparpolitik besser geschluckt werden? Oder wäre es nicht an der Zeit zu sagen: Die das Debakel
verschuldet haben, müssen auch dafür zahlen Menschen mit mittleren und unteren Einkommen jedenfalls nicht?
Von einer sozialistischen Oppositionspartei wäre das zu erwarten. Berlin böte eine
glänzende Gelegenheit, einmal einen offenen Bruch mit der Logik des privaten Bereicherns und öffentlichen Verschuldens zu wagen. Der PDS-
Haushaltsexperte und Vorsitzende der PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus Harald Wolf hat auf einer Pressekonferenz am 28.Mai aber eine ganz andere Linie
verkündet. Auch er geht davon aus, dass die unteren und mittleren Einkommensschichten bluten müssen. Es müsse diskutiert werden, "was sich die
Stadt noch leisten kann". Zwei Unikliniken seien vielleicht zu üppig, auch im Bereich Kultur müsse weiter gespart werden. Für die PDS sei
"Haushaltskonsolidierung zu keinem Zeitpunkt ein Fremdwort gewesen", preist er die Biegsamkeit seiner Partei an. Das Papier für eine Koalition mit der
SPD hat er schon in der Tasche.
Laut Wolf besteht die Funktion einer SPD-PDS-Regierung darin, der Bevölkerung die nötige
Akzeptanz für die unvermeidlichen "schmerzhaften Einschnitte" zu schaffen. Es fällt schwer zu entscheiden, ob Harald Wolf für diese
zynische Offenheit Lob oder Tadel gebürt. Wenn das die Funktion der Juniorparterschaft mit der SPD ist, die die derzeitige PDS-Führung (jedenfalls in ihrer
Mehrheit) anstrebt, dann können in der Programmdebatte einige Nebelbomben der selbsternannten "Reformer" im Panzerschrank verschwinden.
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