Sozialistische Zeitung |
Das Antirassistische Grenzcamp 2001 endete am 5.August mit einem allgemeinen Erfolgsgefühl seitens der Organisatoren des
Netzwerks "Kein Mensch ist illegal". Dieser Erfolg wird gerechtfertigt durch die Tatsache, dass "wir ausreichend gestört und informiert haben, um
die Aufmerksamkeit der Leute auf diese inhumane Praxis der Deportation gezogen haben, deren Symbol der Frankfurter Flughafen ist", wie es einer der Organisatoren
ausdrückte. "Wir haben unsere Proteste noch nie so weit getrieben", fügte er hinzu.
Es ist wahr, dass dies eine große Premiere in Deutschland ist: sieben Tage Grenzcamp, sieben Tage
Demonstrationen und Kundgebungen rund um die Uhr: vom Protest gegen die Verhaftung und für die Freilassung von Anti-G8-Demonstranten in Genua über
die Forderung nach Beendigung der Abschiebungen auf dem Frankfurter Flughafen, die Demonstration vor dem Abschiebeknast in Offenbach mit der Forderung nach
Schließung aller Einrichtungen dieser Art in Deutschland, Protesten vor der Frankfurter Börse bis zum Besuch bei Wolfgang Bodenstedt (CDU), dem
Frankfurter Kommunalpolitiker, der ein Symbol für scharfe Gesetzte gegen Immigranten ist.
Nach einem afrikanischem Sprichwort kann man kein Omelett machen, ohne Eier zu zerschlagen. Es hat
einige Zusammenstöße zwischen Demonstrierenden und der Polizei, die Festnahme von drei Demonstranten und zwei Journalisten für einige Stunde und
die relative Lähmung des Verkehrs in Richtung Flughafen während einer Woche gegeben.
Vielleicht muss man daran erinnern, dass aufgrund der Konnotation, den ihm die internationalen
Organisationen und die Regierungen gegeben haben, der Begriff "Flüchtling" zum Synonym für Untermensch, Armut und Elend in der kollektiven
Vorstellung geworden ist. Personen wie Madeleine Albright (Ex-Außenministerin der USA), Alek Wek (Topmodel sudanesischen Ursprungs) oder gar Isabel Allende
(Schriftstellerin und Tochter des im September 1973 durch einen Putsch gestürzten chilenischen Präsidenten Salvador Allende), denen eine Publikation des
UN-Flüchtlingskommissariats (HCR) die Gloriole als Flüchtlinge verlieh, sind nur die Ausnahme, die die harte Realität bestätigen: Millionen von
Flüchtlingen in der Welt leben in einer Verzweiflung ohne Ausweg.
Während die Flüchtlinge nach Berlin marschieren (am 17. bis 19.Mai gegen die
Residenzpflicht), um ihre fundamentalen Rechte einzufordern, während Antirassisten sich im Grenzcamp organisieren, und während sich in Göteborg, in
Genua und anderswo die Stimmen erheben gegen die Festung Europa in diesem Moment sind sich die deutschen Politiker im Parlament einig über eine Reihe
von Gesetzen, die die Situation der Flüchtlinge insbesondere und der Immigranten im Allgemeinen verschärfen werden. Kein hoher politischer
Verantwortlicher hat die öffentliche politische Verantwortung zugunsten der Verteidigung der Rechte der Immigranten übernommen.
Die informierende und sensibilisierende Rolle einer Kampagne, wie sie das Grenzcamp gerade
geführt hat, ist unleugbar. Doch muss man nicht demnächst die Demonstrationen und Strategien überprüfen, um die Politik oder die
"Entscheidungsmacher" zu erreichen? Dies ist eine Frage, die auch die Kritiker der Globalisierung beschäftigt.
Von Tor 3 konnte man über drei Linien von Stacheldrahtverhau, einer grüne Menge von bis an
die Zähne bewaffneten Polizisten und fünf Wasserwerfern einige Häftlinge vom Frankfurter Flughafen sehen. Sie winkten mit den Händen hinter
den Sichtfenstern, zweifellos eine Reaktion auf die Hoffnung, die die Demonstranten ihnen brachten. Eine Hoffnung, die schwinden musste, als sich die Grenzcamper am
Samstagabend auseinander gingen. Vielleicht um zum vierten Grenzcamp wieder zusammenzukommen, das wahrscheinlich im Sommer 2002 in Thüringen stattfinden
wird.
Venant Adoville Saague
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