Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.17 vom 17.08.2001, Seite 6

Alfonso de Munno, Freelance-Fotograf aus Rom, 26 Jahre

Ein gebrochener Fuß, eine eingedrückte Rippe, ein verquollenes Gesicht, den Körper über und über voll blauer Flecken

"Samstag, gegen 16.30 Uhr, bringen sie mich nach Bolzaneto. Ich wurde schon von der Finanzpolizei blutig geschlagen, als ich Fotos vom Schwarzen Block machte. Mit mir fahren etwa 20 weitere Verhaftete in die Kaserne ein. Die Hände sind mit schwarzen Plastikbändern gefesselt, sehr eng. Der Willkommensgruß: sie werfen uns aus der Wanne und fangen an, uns zu prügeln und zu beschimpfen. ,Warum versuchst du nicht, Bertinotti oder deinen Freund Manu Chao anzurufen?‘
Die Geräuschkulisse dieses Horrors ist ein Abzählreim, den die von der Celere (Mobiles Einsatzkommando) auswendig kennen. Jetzt habe auch ich ihn gelernt, leider: ,un due tre, viva Pinochet, quattro cinque sei, a morte gli ebrei, sette otto nove, il negretto non commuove.‘" (Ein zwei drei, es lebe Pinochet, vier fünf sechs, Tod den Juden, sieben acht neun, das Negerlein rührt uns nicht.)
Ich lande im letzten großen Raum der Kaserne. Eine neue Ladung Tritte und Fausthiebe. Ich bleibe auf dem Boden liegen, kann nicht mehr aufstehen: der Fuß ist gebrochen, die Rippe tut weh. Ich sehe ein Horrorspektakel: ein schwedisches Mädchen wird an den Haaren weggezogen, die Celere drückt ihre Zigaretten auf den Händen eines Franzosen aus. Ein Junge macht in die Hose aus Angst, oder weil er nicht mehr kann. Keiner von uns kann sich rühren. Ein korpulenter Beamter tritt in den Raum und fängt an, auf einen Jungen einzudreschen, denn "ich habe ihn auf dem Platz gesehen, wie er mich beleidigt hat". Wenige Minuten später kommt ein Carabiniere, der zwei andere ermahnt: "Die von der Celere lasst ihr besser nicht hier rein."
Am schlimmsten wird es, als die Gefängnispolizei kommt; ich habe noch nie soviel Gewalt in meinem Leben gesehen. Sie ziehen sich gepolsterte schwarze Handschuhe an und hören eine Stunde lang nicht auf zu dreschen. Ich träume ständig von einem Typen, der gegen die Wand geschlagen wird. Endlich, um 4 Uhr morgens, fahren wir ins Gefängnis von Alessandria. Nochmals Hiebe. Dann Ruhe, wenn man in der Hölle von Ruhe reden kann."

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