Sozialistische Zeitung |
Nachdem die erste Großdemonstration in Genua am 19.Juli ohne Zwischenfälle beendet war, zollten Vertreter des
sozialistischen und (post)kommunistischen Parteienspektrums der Bewegung am Abend ihren Tribut. "Fausto, Fausto" riefen begeistert die Anhänger von
Rifondazione Comunista (PRC), als ihr Parteivorsitzender das Konferenzzentrums des Genua Social Forum (GSF) betrat.
Nicht so begeistert empfangen wie sein Kollege wurde Francis Wurtz von der Französischen
Kommunistischen Partei (PCF), Vorsitzender der linken Fraktion im Europaparlament. Mit Hilfe des Verkehrsministers in Frankreich ebenfalls von der PCF
hatte der dortige Innenminister veranlasst, einen Zug von Gipfelgegnern aus England nicht durch Frankreich fahren zu lassen. Dennoch betonte Wurtz, dass der Platz
der versammelten Politiker "an der Seite der Armen" sei. Auch Dieter Dehm von der deutschen PDS hielt eine anständige Fensterrede.
Er hob mehrmals hervor, dass der Kampf gegen das Kapital im Internetzeitalter bessere Chancen habe als
im Zeitalter der Postkutsche. Da die Veranstaltung der Partei-Genossen zur "neuen Bewegung" im 60er-Jahre-Stil organisiert war, d.h. es gab rhetorisch mehr
oder weniger gute Redebeiträge, aber keine Diskussion, konnte sich Dehm kritische Nachfragen ersparen. Denn die PDS, die den Aufruf des GSF mitunterzeichnet
hatte, intervenierte mittels der Bundesgeschäftsführung bei den Bezirksgruppen in den Berliner Stadtteilen Kreuzberg und Friedrichshain, um eine offene
Mobilisierung nach Genua zu vermeiden. Unterzeichnet wurde vor Göteborg, interveniert danach. Mitglieder der Berliner PDS in Genua werteten dies als
"vorauseilenden Gehorsam" und Konzession an die möglichen Koalitionspartner in Berlin. Doch es gab auch einige Lichtblicke.
Alain Krivine von der französischen Ligue Communiste Révolutionaire
(LCR/IV.Internationale), dessen Partei stark in den sozialen Bewegungen verankert ist, stellte fest, dass die Anzahl derjenigen in der Bewegung, "die den Kapitalismus
überwinden wollen gegenüber denjenigen, die ihn lediglich reformieren wollen" anwächst. Er betonte allerdings auch die Rolle der Demokratie in
den neuen Bewegungen. "Rot ist die Farbe des Kommunismus und der Demokratie, deshalb müssen wir nicht nur den Kapitalismus, sondern auch den
Stalinismus zurückweisen", so Krivine.
Ähnlich argumentierte auch Fausto Bertinotti (PRC), der die neue Bewegung mit der von 1968
verglich. Nun sei die Bewegung des 21.Jahrhunderts geboren, die den Kapitalismus grundsätzlich in Frage stelle. "Als Protagonisten des Antikapitalismus haben
wir die Pflicht, unsere Erfahrungen zu teilen und die neue Gesellschaft zusammen mit dieser Bewegung aufzubauen, denn die Gewerkschaften und die Arbeiterbewegung
müssen Teil davon sein." Allerdings warnte Bertinotti auch davor, alte Fehler zu wiederholen. Damit meinte er nicht nur die frühere Zusammenarbeit mit
der Mitte-Links-Regierung, die er äußerst negativ bilanzierte. "Rifondazione ist eine von tausend Organisationen im GSF. Wir dürfen nicht
autoritär auftreten gegenüber der neuen Bewegung, denn wir wollen sie nicht anführen, sondern unterstützen."
gk
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