Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.17 vom 17.08.2001, Seite 12

Staatsterrorismus

Bericht aus Palästina

Israelische Hubschrauber haben am 31.Juli die Büros von Hamas in Nablus bombardiert und dabei zehn Menschen getötet, darunter zwei Kader von Hamas und zwei Kinder. Dieses Attentat und weitere Attentate in der ersten Augustwoche sind Teil einer Strategie, die auf die Liquidierung der Kader der Widerstandsbewegung gegen die israelische Besatzung zielt.
Die Hubschrauber, die Zivilisten bombardieren, gestern in Nablus und vor zwei Wochen in Bet Sahour, zeigen den Palästinensern, dass die israelische Regierung allmächtig ist und zuschlagen kann, wo sie will und wann sie will. Sie sollen auch zeigen, dass Israel das internationale Recht, die Resolutionen der UNO und andere Verurteilungen verspottet.
Die israelische Regierung weiß, dass diese Art von Attentat Repressalien zur Folge hat, bei der israelische Zivilisten getötet werden, aber sie ist entschlossen, den Kampf des palästinensischen Volkes für seine Rechte militärisch, moralisch und ökonomisch zu vernichten.
Der Terror ist in den besetzten Gebieten permanent. Er beginnt mit der systematischen Blockade von Dörfern, die unter dem Vorwand des Kampfes gegen den Terrorismus die Wirtschaft der Zonen unter palästinensischer Kontrolle erdrosseln soll. Waren können nicht mehr hinausgelangen. Vor Oslo wurden die in Jericho produzierten Bananen in allen arabischen Ländern geschätzt. Jetzt können sie nicht mehr exportiert werden, weil Israel die Grenzen kontrolliert.
Die landwirtschaftlichen Regionen versinken im Elend. Es ist unmöglich am Ort zu überleben, aber auch unmöglich woanders zu arbeiten, wenn man bei der Umgehung der Kontrollpunkte nicht beträchtliche Risiken eingehen will. Die palästinensischen Dörfer sind Gefängnisse unter freiem Himmel, auf die Schüsse von den sie umgebenden Siedlungen oder von den über sie hinweg fliegenden Hubschraubern regnen.
"Wir haben keine Waffen, um uns zu verteidigen", sagt Marwan Barghouti, der Führer der Intifada im Westjordanland, "wir können militärisch nicht kämpfen, aber wir werden die Intifada fortsetzen."
In Gaza ist die Einkreisung noch schlimmer als im Westjordanland. Unter dem Vorwand des Schutzes der Siedlungen blockieren die Israelis die Straßen und zerstören Häuser. In Rafah, einige hundert Meter von der ägyptischen Grenze, lebt ein Dutzend Familien sogar auf der Straße. Sie lebten in einem Flüchtlingslager nahe der Grenze, das von Bulldozern zerstört wurde. Es handelt sich um Flüchtlinge von 1948 und 1967. Weiter können sie nicht mehr gehen.
"Ich weiß nicht, was meine Kinder morgen essen werden, aber ich bleibe hier, denn es gibt keinen Ort mehr, wo ich hingehen kann", sagt ein Familienvater. Seine Situation ist ein Resümee der Lage des palästinensischen Volkes. Mit dem Rücken zur Wand, unbewaffnet leistet es Widerstand.
Die politischen Unterschiede verwischen sich. Die Kader kämpfen gemeinsam auf demselben Terrain: die Tansim der Fatah, die PFLP oder Hamas. Es geht ums Überleben. Marwan Barghouti appelliert an die internationale Solidarität: "Wir benötigen alle Formen der internationalen Unterstützung: eine Schutztruppe, Kampagnen für den Boykott Israels, Demonstrationen. Man muss Druck ausüben, damit die Regierungen die UNO-Resolutionen anwenden, für die sie gestimmt haben. Die internationale Solidarität ist für uns lebenswichtig."

Mireille Terrin, aus: Rouge, Nr.1934, 2.8.2001.

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