Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.19 vom 13.09.2001, Seite 2

Make love, not war!

Militarisierungsvirus wütet

von HANS PEIFFER

Vom Golfkrieg zum Bosnien-Konflikt, vom Kosovo-Krieg und dem Überfall der NATO auf Jugoslawien bis zum Makedonien-Einsatz frisst sich ein Virus durch die bundesrepublikanische Gesellschaft: Die Militarisierung!
Damit einher geht der weitere Abbau demokratischer Bürgerrechte. Beim Parlamentsentscheid für die Beteiligung deutscher Truppen am Militäreinsatz der WEU (im Rahmen der NATO) in Makedonien sah sich eine Gruppe von SPD-Abgeordneten, die dem Kampfeinsatz in Makedonien ihre Zustimmung verweigerten, einer Mobbingkampagne seitens der Fraktionsführung ausgesetzt. SPD-General Müntefering setzte noch eins drauf mit seiner Drohung, den Abweichlern die Listenplätze für die nächste Wahl zu streichen. Kurzerhand wird das Gewissen abgeschafft. Einfach so.
Beim größten Teil der Regierungsparteien fiel der Vorschlag aus den Unionsparteien, die Zustimmung des Parlaments für Auslandseinsätze der Armee grundsätzlich aufzuheben und in die alleinige Verantwortung des Kabinetts zu legen, verständlicherweise auf Wohlgefallen. Dabei hatte doch das Bundesverfassungsgericht 1994 festgestellt: "Auslandseinsätze unterliegen der Zustimmung des Parlaments." Indem Außenpolitik immer mehr mit EU-Militärpolitik verzahnt wird, soll auch noch der letzte Faden von Scheindemokratie gezogen werden. Auch einfach so.
Für die zunehmende Militarisierung der Gesellschaft gibt es eine Menge von Indizien, bspw. die Ausweitung der geheimdienstlichen Tätigkeit besonders im Rahmen WEU. Da ist der Beschluss der europäischen Regierungschefs, der besagt, dass die Öffentlichkeit keinen Zugang zu Geheimpapieren im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik hat. Betroffen sind auch Dokumente, die "nichtmilitärisches Krisenmanagement" betreffen.
Beispielsweise aber auch das in die Augen stechende vermehrte Auftauchen militärischer Attribute in der Öffentlichkeit: z.B. tarnfarbige Textilien in unterschiedlichen Varianten. Waren es zuerst einfache Kesselanzüge für Arbeitszwecke, so wurden bald daraus Hosen, Westen, Mützen für Kinder und Jugendliche. Die Textil- und Modeindustrie hatte diese "Marktlücke" schnell erkannt und witterte ein profitables Geschäft. So tauchten in diesem Sommer die Markenzeichen der Mörder als T-Shirts und Tops für junge Frauen und Mädchen auf. Mittlerweile soll es über 3000 Artikel geben, die das NATO-Dekor zieren. Darunter auch Dessous…
Die offene und schleichende Militarisierung unserer Gesellschaft geht einher mit der Aufrüstung nach innen, wie sich noch zuletzt bei den Demonstrationen gegen die Globalisierung gezeigt hat. Und sie drückt sich aus in einer Medien- und Meinungskampagne gegen den verliebten Verteidigungsminister Rudolf Scharping. Weniger um den möglichen Amtsmissbrauch geht es dabei, als vielmehr um die mentale "Wehrbereitschaft". Liebe und Krieg sollen sich ausschließen. Und irgendwie haben sie ja auch Recht — nur eben anders herum: Make love, not war!

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