Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.19 vom 13.09.2001, Seite 10

29./30.September:

IWF-Tagung in Washington

Über 50.000 Demonstrierende werden zur Herbsttagung von IWF und Weltbank erwartet. Die Tagung sollte ursprünglich vom 27.9. bis zum 4.10. stattfinden. Nach den Protesten von Genua wurde sie auf das Wochenende vom 29. und 30.9. verkürzt. Das Damenprogramm und die übliche Veranstaltungsreihe wurden gestrichen; in den Räumen des IWF wird nur die Vollversammlung der beiden Institutionen stattfinden, die 183 Mitgliedsländer zählt.
Die Entscheidung soll nach Beratung mit der US-Regierung gefallen sein. Washingtons Bürgermeister Anthony Williams hatte davor gewarnt, die Stadt werde die Sicherheit während des Treffens ohne Bundeshilfe nicht gewährleisten können, weil die Stadt nicht in der Lage sei, die dafür erforderlichen 50 Millionen Dollar aus eigener Kraft aufzubringen. Der Bürgermeister erwartet "Demonstrationen von einer Heftigkeit, einem Umfang und Ausmaß sein, die wir in dieser Stadt noch nie gesehen haben". Im vergangenen Jahr waren zum selben Anlass im April 600 Menschen festgenommen worden.
Die US-amerikanische Regierung scheint wie die italienische vor ihr eine Doppelstrategie zu fahren:
Zum einen wird die Dialogbereitschaft betont. Tom Dawson, Leiter für Außenbeziehungen beim IWF, und Mats Karlsson, Vizepräsident der Weltbank, haben erklärt, sie seien zu einer öffentlichen Debatte auf "neutralem Territorium und moderiert von unabhängigen Journalisten" bereit. Voraussetzung sei jedoch, dass sich die Globalisierungskritiker "von der Gewalt lossagten" und zu einem "zivilisierten und konstruktiven Dialog" bereit erklärten. Das Treffen dürfe nicht als Medienspektakel oder für gewaltsame Ausschreitungen missbraucht werden. Sie reagierten damit auf die Forderung von vier US-amerikanischen Anti-Globalisierungs-Gruppen, die die Proteste in Washington ausrichten (Global Exchange, Jobs With Justice, 50 Years Is Enough und Essential Action), alle Versammlung von IWF und WB müssten der Presse und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Zum anderen wird die Stadt militärisch aufgerüstet und eine Stimmung der Hetze gegen die Demonstrationen geschürt.

Unter dem Mottto "Globalise Justice" beginnen die Gegenaktivitäten am 23.9. mit Diskussionsforen und Arbeitsgruppen sowie Trainingsmaßnahmen für die Straßenaktionen.

25.9. — Marsch für die Rechte der MigrantInnen

26.9. — Transparentaktionen und Citigroup Aktionen

27.9. — Aktionen für offene Grenzen; ein Fackelzug der Frauen

28.9. — Fluglattverteilung am Flughafen; Aktionen der Farmer, der Anti-Sweatshop-Kampagne; Marsch für saubere Energie

29.9. — um 3 Uhr morgens "Weckruf in den Hotels"; um 8 Uhr "Öffnet die Versammlung!"; anschließend Massenaktionen für die Schuldenstreichung; mittags und nachmittags verschiedene Demonstrationen zum Weißen Haus und zur Tagungsstätte des IWF

30.9. — Sternmarsch zum IWF-Gebäude, der mit Fotos, Transparenten u.a. die angestrebte "andere Welt" veranschaulichen soll; im Anschluss Massendemonstration, an der auch der AFL-CIO wieder teilnehmen wird.

1.10.—3.10. — Solidaritätsaktionen für Verhaftete.

Die Organisatoren rufen zu einer gewaltfreien Demonstration auf "nach dem Bild der Welt, die wir schaffen wollen". Sie rufen auf, die Anliegen der Einwohner zu respektieren und sie zur Teilnahme an den Protesten zu ermutigen. Sie erklären, dass Risikogruppen wie MigrantInnen, Farbige, Arme, Obdachlose und Behinderte, die von der Polizei leichter bedroht werden, keiner Gefahr ausgesetzt werden dürfen. Sie respektieren, dass viele Menschen keinerlei Risiko ausgesetzt sein möchten.

Die Aktionen werden so breit gestreut sein, dass die Kongressdelegierten an ihnen nicht vorbei kommen. Sie umfassen auch direkte Aktionen, zivilen Ungehorsam, Blockaden, Medienarbeit, Performances u.v.a.m. Sie sollen breit angelegt und hochgradig sichtbar sein. Sie werden von einem gemeinsamen Aktionsrat koordiniert. Vorgesehen sind u.a. Aktionen zur Öffnung der IWF-Versammlung, zur stärkeren Einbeziehung der Öffentlichkeit in die Debatte über die Macht der multinationalen Konzerne und, "wenn nötig, die Herausforderung der Mauern, die die Menschen von den Entscheidungsgewaltigen trennen".

Im Mittelpunkt der Forderungen stehen die Schuldenstreichung für die armen Länder auf Kosten von IWF und WB, das Ende der Strukturanpassungsprogramme, Stopp der Privatisierung und der ungehinderte Zugang zu Nahrung, sauberem Wasser, Gesundheit, Bildung und das Recht auf Organisation.

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