Sozialistische Zeitung |
In dem kleinen Badeort Taba am Golf von Akaba gingen Vertreter Israels und der Palästinenser im Januar 2001 in Klausur, um die "Rettung des
Friedensprozesses" zu versuchen. In ihrer gemeinsamen Abschlusserklärung vom 27.Januar versicherten beide Seiten, man sei einem Friedensvertrag noch nie so nahe gewesen. Die
in Taba erarbeiteten Dokumente zu den vier entscheidenden Bereichen Territorium, Sicherheit, Flüchtlinge sowie die Aussagen prominenter Verhandlungsteilnehmer
bestätigen diese Aussage. Kurz zusammengefasst wurden folgende Ergebnisse erzielt:
Jerusalem sollte ungeteilt bleiben und die gemeinsame Hauptstadt beider Staaten werden. Israel sollte die jüdischen
Viertel erhalten, und die arabischen Viertel sollten an die Palästinenser gehen.
In den Sicherheitsfragen gab es eine Annäherung der Standpunkte. Die Palästinenser stimmten einer
Rüstungskontrolle in ihrem Staat zu und unter bestimmten Bedingungen auch der Einrichtung israelischer Frühwarnsysteme am Jordan. Mit der Stationierung einer internationalen
Beobachtertruppe an den Grenzen (stets ein absolutes Tabu für Israel) waren beide Seiten einverstanden.
Die 3,2 Millionen palästinensischen Flüchtlinge, die verstreut in Jordanien, Syrien, dem Libanon und in den
autonomen Gebieten leben, sollten fünf Alternativen angeboten werden: Rückkehr nach Israel, Rückkehr in den Palästinenserstaat, endgültige Ansiedlung am
derzeitigen Wohnort (Jordanien, Syrien usw.) sowie Ausreise in ein anderes Land.
Die Vertreter der palästinensischen Seite bestanden auf dem freien Entscheidungsrecht der Palästinenser, machten
aber zugleich deutlich, dass sie den jüdischen Charakter des Staates Israel nicht in Frage stellen wollten.
Israel erklärte sich bereit, zusätzlich zu den "Familienzusammenführungen" weitere 40000
Rückkehrer innerhalb von fünf Jahren aufzunehmen. Den Palästinensern schien jedoch jedes Angebot unterhalb von 100000 Flüchtlingen unannehmbar.
Der palästinensische Informationsminister Abed Rabbo berichtet, die Einigung über diese Zahl sei
tatsächlich die letzte Hürde vor einer Vereinbarung gewesen, aber wenn Zeit dafür gewesen wäre, in zwei oder drei Wochen hätte genommen werden
können. Aber diese Zeit war mit den Wahlen in Israel und der Niederlage von Barak abgelaufen.
Wäre Ehud Barak durch Veröffentlichung der bereits erzielten Ergebnisse, die als "Non-Paper"
vorlagen, in die Wahlen gegangen, hätte dies ihm nicht nur die Stimmen der gesamten Linken, sondern auch von einer Million Palästinenser eingebracht, die israelische
Staatsbürger und wahlberechtigt sind. Immerhin heißt es im "Non-Paper" zum ersten Mal in der Geschichte Israels: "Der Staat Israel erklärt feierlich sein
Bedauern über die Tragödien palästinensischer Flüchtlinge, ihre Leiden und ihre Verluste: er wird sich bei dem Bemühen, dieses vor 53 Jahren begonnene
schreckliche Kapitel der Geschichte zu schließen, als aktiver Partner erweisen und dazu beitragen, eine umfassende und gerechte Lösung des palästinensischen
Flüchtlingsproblems zu erreichen."
Warum aber hat Barak den provokativen Auftritt Sharons auf dem Tempelberg am 28.9.2000 ermöglicht? Alain Gresh
erklärte in Le Monde Diplomatique, dies sei eine Idee israelischer Wahlkampfstrategen gewesen, die in Sharon ein leichtgewichtigeren Rivalen sahen als in dessen Konkurrenten
Netanyahu. Barak hat den Auftritt Sharons auf dem Tempelberg nicht verhindert, weil er hoffte, er könne damit dessen Position als Führer des Likud stärken.
Die Palästinenser begriffen den "Besuch" Sharons auf dem Tempelberg als Provokation. Und genau dies war
der Grund, warum die Palästinenser nach sieben Jahren der Hinhaltung und enttäuschter Hoffnungen eine Volkserhebung begannen, deren Hauptforderung die sofortige Beendigung
der Besetzung war.
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