Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.21 vom 11.10.2001, Seite 2

‘Kleiner Parteitag‘ der Grünen

Grüne Ängste

von PATRICK HAGEN

In regelmäßigen Abständen — meist vor vermeintlich kontroversen Entscheidungen — kommen bei den Grünen Spekulationen über einen möglichen Parteiaustritt und Wechsel Joschka Fischers auf. Sogar, wenn diese unausgesprochen bleiben, scheinen sie eine grüne Sorge auszudrücken. So auch wenn Grünen-Chefin Claudia Roth auf dem kleinen Parteitag die Einheit der Partei beschwörend postuliert: "Niemand geht und niemand geht mit, wo niemand weggeht." Dass dieser Satz so nicht stimmt, fällt niemandem auf — erst vor knapp zwei Wochen hat die linke Europaparlamentsabgeordnete Ilka Schröder ihren Rücktritt erklärt. Doch grüne Dissidentinnen wie Schröder hat Roth auch nicht gemeint. Einen möglichen Austritt anderer grüner Kriegsgegner wie Christian Ströbele oder Winfried Hermann wird sie erst recht nicht gemeint haben. Diese werden auch weiterhin bei Abstimmungen gegen Kriegseinsätze votieren. Der einzige der nicht einmal mit einem Austritt drohen muss, um bei seinen Parteifreunden Angst davor auszulösen ist Fischer. Die Grünen antizipieren mittlerweile perfekt, was ihren Guru stören stören könnte — und verhalten sich dementsprechend.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Grünen auf ihrem "kleinen Parteitag" der Bundesregierung freie Hand für "begrenzte Militäraktionen" als Antwort auf die Anschläge in den USA gegeben haben. Die eigentliche Nachricht ist, dass 21 Delegierte die "schwere Entscheidung" den USA beizustehen, nicht mittragen wollen. "Mittragen" nicht — akzeptieren schon. Denn der Streit der Grünen, wenn man denn so ein böses Wort gebrauchen möchte, ging letztendlich um genau ein Wort. Soll es in dem Entschließungsantrag heißen, dass die Grünen die Zustimmung der Bundesregierung zum militärischen Bündnisfall "mittragen" oder nur "akzeptieren" — die Mehrheit entschied sich für mittragen.
Die Grünen haben schließlich nicht erst seit ihrer Zustimmung für die NATO-Krieg gegen Jugoslawien 1999 deutlich gemacht, wie eine von ihnen mitgestaltete Außenpolitik auszusehen hat.

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