Sozialistische Zeitung |
Trotz aufsehenerregender Anti-Gipfel-Demonstrationen und anderer Ereignisse, die manche Leute dazu veranlassen, wieder etwas optimistischer in die Zukunft
zu blicken, sind Filme über soziale Auseinandersetzungen immer noch eine Seltenheit im Kino des beginnenden 21. Jahrhunderts. Einer, der schon seit mehreren Jahrzehnten Filme zu
eben diesem Themenkreis macht, ist der Brite Ken Loach.
Mit seinem neuen Film betritt Loach insofern Neuland, als dass er zum ersten Mal einen Film macht, der in den USA spielt. Es
geht um das Schicksal illegaler Einwanderer aus Lateinamerika, die in der Metropole Los Angeles in einem der Bürohochhäuser als janitors schuften. Janitor ist ein
zusammenfassender Begriff für Berufe wie Putzfrauen, Hausmeister, Nachtwächter etc. Maya, die erst kürzlich über die Grenze zwischen Mexiko und den USA
geschmuggelt wurde, hat von ihrer Schwester Rosa einen solchen Job besorgt bekommen. Die Bezahlung ist schlecht, es gibt weder Krankenversicherung noch Urlaub. Gewerkschaftliche
Organisierung wird von Chefs und Sicherheitsleuten teilweise gewaltsam verhindert.
Hintergrund des Films ist ein Streik der janitors im Jahre 1989. Anfang der 80er Jahre hatten die Unternehmer die
Tarifverträge gekündigt, die gewerkschaftlich sehr gut organisierten meist afroamerikanischen Reinigungskräfte massenhaft entlassen und MigrantInnen aus Lateinamerika zu
Hungerlöhnen eingestellt. Diese wehrten sich 1989 in einem großen Streik gegen ihre miserablen Arbeitsbedingungen, dabei kam es auch zu dem im Film geschilderten brutalen
Polizeieinsatz gegen einen Protestmarsch der ReinigungsarbeiterInnen. Der Streik war relativ erfolgreich, brachte bessere soziale Absicherung, die Löhne aber blieben niedrig. Erst 2000
wurde ein Tarifvertrag geschlossen, der die janitors innerhalb von drei Jahren über die Armutsgrenze heben soll.
Anhand einiger exemplarischer Personen gewährt Loach Einblick in die menschliche Seite des Klassenkampfs. Es gibt
den linken Gewerkschaftsaktivisten Sam, der ständig Ärger mit den Chefs, der Polizei und seiner eigenen Gewerkschaftsbürokratie hat. Es gibt Maya, die gerade erst aus
Mexiko gekommen ist und sich voller Elan in den Kampf stürzt. Ihre Schwester Rosa, die sich und ihre Familie zeitweilig als Prostituierte durchbringen mußte, ist dagegen zynisch
und verbittert. Im Kampf wird sie zur "Verräterin". Perez, der Chef der Reinigungskolonne, ist brutal und dumm. Der ideale Ausbeuter. Die Oberbosse sind ignorant und arrogant,
das Schicksal ihrer Putzkräfte interessiert sie nicht. Die Gewerkschaftsbürokraten machen sich mehr Sorgen um die Wahlergebnisse der Demokratischen Partei als um ihre
Mitglieder usw.
Loach lässt kein Klischee aus. Warum ist der Film trotzdem sehenswert? Weil er ein Thema ins Kino bringt, das sonst
kaum einen Filmemacher interessiert. Loach schaut auf Dinge, auf die sonst kaum jemand schaut. Dabei ist der Film jenseits aller inhaltlichen Schwächen künstlerisch und
handwerklich gut gemacht. Die Präsentation der Handlung ist dicht und spannend. Auch hat Loach wieder überwiegend unbekannte und unverbrauchte SchauspielerInnen für
sein Projekt gewinnen können, die durch ihr überzeugendes Spiel den mitunter sehr klischeehaft gezeichneten Figuren Glaubwürdigkeit verleihen und Leben einhauchen. Das
Ganze wird dann noch mit ein wenig britischem Humor gewürzt, was äußerst erfrischend ist. Das Ende ist zugleich optimistisch und traurig, so dass auch für ein wenig
Sentimentalität und Melancholie Platz bleibt. Aber seht selbst…
Andreas Bodden
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