Sozialistische Zeitung |
In Berlin demonstrierten um die 30.000 vorwiegend junge Menschen, sehr viele Schülerinnen und Schüler. Auch Mitglieder der Grünen und
Unterbezirke der SPD gaben sich als solche zu erkennen. Die Sprecherin von Attac, Lena Bröckl, zoge eine Verbindung zwischen Terrorismus und der neoliberalen Globalisierung.
In Stuttgart gingen zur gleichen Zeit etwa 25.000 auf die Straße: darunter viele Migrantenorganisationen, Kirchengruppen,
Gewerkschafter, Friedensaktivisten. Jürgen Grässlin, Bundesprecher der deutschen Friedensgesellschaft, sparte nicht mit Kritik an den Grünen, deren führendes
Mitglied er lange Zeit war: Die Haltung der Regierung und speziell der Grünen sei angesichts der Streubomben auf Afghanistan, die vor allem zivile Opfer fordern, durch nichts zu
rechtfertigen. Grässlin forderte die Demonstranten unter jubelndem Beifall auf, dafür bei der nächsten Bundestagswahl die "Quittung auszustellen": "Die
Grünen sind als Partei überflüssig geworden." Sybille Stamm, Landesvorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, warnte vor den Folgen des Krieges für
den Sozialstaat. "Was der Sicherheitsstaat ausgibt, wird dem Sozialstaat genommen." Sie verwies auch auf die Länder des Südens. Dort seien mit Hilfe der
Strukturanpassungsprogramme des IWF und der Weltbank ganze Regionen ins soziale Elend gestürzt worden. Damit "haben sie den Nährboden für Terrorismus
geschaffen". Auch sie forderte eine gerechte Weltwirtschaftsordnung, die allein die Wurzeln des Terrorismus bekämpfen könne. Sie bedauerte, dass auch
Gewerkschaftsvorstände nach dem 11.September kritische Fragen als "mangelnde Solidarität" mit den Opfern gegeißelt hätten.
Trotz der Großdemonstrationen in Stuttgart und Berlin und trotz massiver Verbotsdrohungen wurde die Demonstration
gegen den CSU-Parteitag in Nürnberg, zu dem auch Italiens Ministerpräsident Berlusconi erwartet wurde, aufrechterhalten. 20003000 Menschen nahmen an ihr teil, obwohl
Berlusconi in letzter Minute seinen Besuch absagte u.a. wegen Sicherheitsbedenken.
In London folgten 50000 Menschen dem Aufruf des Bündnisses "Stoppt die Kriegskoalition". "Die
außerordentliche Mobilisierung beweist, dass es in der Bevölkerung eine tiefgreifende, breit gefächerte und rasch wachsende Gegnerschaft gegen diesen ungerechten und
unmoralischen Krieg gibt", sagte dessen Sprecher Mike Marqusee. "Das ist nur die Spitze eines Eisbergs von Protest und Zorn. Tony Blair spricht nicht für Britannien, und wir
hoffen, die Welt nimmt das wahr." Die Demonstration wurde als der "wahrscheinlich am stärksten multiethnisch geprägte Protest" beschrieben, den das Zentrum
von London je gesehen hat. Menschen aus verschiedenen südasiatischen Ländern, muslimische Organisationen, Palästinensergruppen protestierten Seite an Seite mit
antirassistischen Gruppen, Studierenden, Gewerkschaften, Rechtsanwälten gegen den Krieg, Medienbeschäftigten und vielen anderen. Die nächste landesweite
Demonstration soll am 18.November stattfinden. Zu den prominenten Unterstützern des Bündnisses gehören mehrere Parlamentsabgeordnete, der Schriftsteller Harold Pinter,
der Leitartikler der Tageszeitung The Guardian, George Monbiot, der Filmemacher und Schriftsteller Tariq Ali, die Sprecher der London Socialist Alliance u.v.a.
In Frankreich gab es Demonstrationen in mehreren größeren Städten: Paris (8000), Toulouse (2000), Nantes
(1500), jeweils mehrere hundert in Nancy, Dijon, Nizza, Marseille, Brest, Lille, Calais. Lyon folgte wenige Tage später mit 2000 Demonstranten. Insgesamt wurden fast 30.000 Menschen
gezählt. Träger der Mobilisierungen waren die Bewegung gegen die neoliberale Globalisierung, Parteien und Organisationen der Linken und der extremen Linken, Gewerkschaften,
antirassistische Gruppen. Die Führung der PCF und der Grünen, die beide in die Regierung eingebunden sind, fehlte. Aber auch die Liga für Menschenrechte und
Migrantengruppen wurden vermisst.
In Italien kam wieder einmal die größte Mobilisierung zustande. In Assisi beteiligten sich über 200.000
Menschen an einem Friedensmarsch, der von der radikalen Linken bis zu den traditionellen Strömungen der Friedensbewegung und der katholischen Sozialbewegung reichte.
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