Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.24 vom 22.11.2001, Seite 2

WTO

Reformträume geplatzt

von GERHARD KLAS

EU-Handelskommissar Pascal Lamy jubelt mit den Konzernchefs, die Vertreter der Länder der Dritten Welt ziehen ein Gesicht, als hätten sie in einen sauren Apfel gebissen, und die Sprecher der Nichtregierungsorganisationen aus dem Norden wissen nicht so recht, was sie mit dem Ergebnis des jüngsten Treffens der Welthandelsorganisation (WTO) anfangen sollen.
Zwar bewerten viele die Resultate als "Schlag ins Gesicht der Zivilgesellschaft". Doch nur einen Satz später kommt etwa Peter Fuchs von der deutschen Entwicklungsorganisation WEED über die Lippen, dass es doch auch bemerkenswerte "Teilerfolge" gebe und geht davon aus, dass sich diese mit "genügend großem Protest und einer gestärkten Rolle der Entwicklungsländer" fortsetzen ließen. Die WTO ist für ihn offenbar die Arena, die lediglich Rahmenbedingungen hin zu mehr Gleichberechtigung der bald 144 Mitgliedstaaten ändern müsse.
Der Traum von einer Reform der WTO scheint noch immer nicht ausgeträumt. Dabei hat die mächtige Quad- Gruppe (USA, EU, Japan und Kanada) gerade in Doha wieder unter Beweis gestellt, dass sie trotz des Geredes von einer "Entwicklungsrunde" im Vorfeld der Ministertagung ihre eigenen Interessen rücksichtslos durchsetzt. Gemessen an den Forderungen, die Entwicklungsländer aufgestellt hatten, sind die Zugeständnisse — verbesserter Zugang zu patentgeschützten Medikamenten — ein Tropfen auf den heißen Stein.
Dass nun WEED als Mitgliedsorganisation von ATTAC eine "Runde des Protests" einläuten will, ist sehr zu begrüßen. Doch die Zeit, mit hoffnungsvollen Forderungen an die WTO heranzutreten, ist offensichtlich vorbei. Das macht eine differenzierte Kritik an der WTO nicht obsolet. Aber statt auf ihre Reformierbarkeit zu setzen und die WTO als notwendige internationale Regulierungsbehörde anzusehen — eine Ansicht, die beim "pragmatischen" Flügel von ATTAC Deutschland weit verbreitet ist — sollten die Proteste sich stärker am Aufbau eigener Strukturen auf internationaler Ebene orientieren. Das Treffen des Weltsozialforums im Februar 2002 in Porto Alegre (Brasilien) bietet da eine willkommene Gelegenheit.

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