Sozialistische Zeitung |
Begrüßt du, dass die PDS in Berlin auch nach ihrem guten Wahlergebnis in die Opposition musste?
Konstantin Brandt: Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Es ist einerseits vernünftig, in der Opposition zu bleiben. Allerdings wäre es für die Linken in der PDS
sehr nützlich gewesen, wenn die PDS als Juniorpartner in die Regierung gegangen wäre. Und zwar um den Berlinern die Erfahrung zu ermöglichen, dass man dort so gut wie
nichts durchsetzen kann. Denn auf unsere Ratschläge aus Mecklenburg-Vorpommern, wo wir über genügend schlechte Erfahrungen beim Mitregieren verfügen,
hören weder die Bundespartei noch die Berliner Genossinnen und Genossen. Im Gegenteil, man möchte mit allen Mitteln ob in Sachsen-Anhalt oder in Berlin mit
an die Regierung. Deshalb hätte ich ihnen die schmerzhaften Erfahrungen einer Regierungsbeteiligung gegönnt.
Auf dem Dresdner Parteitag ist der PDS-Führung ein Meisterstück gelungen: intern gab es einen rechten Durchmarsch, nach außen hin hat sie sich als linke und
konsequente Friedenspartei profiliert. Können die Parteilinken aus diesem Image kurz- und mittelfristig einen Vorteil ziehen?
K.Brandt: Nein, denn mit unserer sehr konsequenten Antikriegshaltung haben wir als Linke nicht den Krieg verhindert, aber Gregor Gysi zum relativen Wahlsieg verholfen. In der
Gesamtpartei gibt es nicht diese konsequente Haltung: Der Dresdner Friedensappell des Parteitags war pflaumenweich. Zwölf Stunden später stellte sich Gysi ans Mikrofon und
erzählte völlig ungeniert wieder etwas von Militäraktionen.
Die Parteilinke besteht ihrerseits aus verschiedenen Zirkeln. Ist sie angesichts der Ereignisse in den vergangenen Wochen enger zusammengerückt?
K.Brandt: Leider nicht. Wir halten zwar bundesweite Treffen wie den mittelgroßen Ratschlag ab, um uns besser zu organisieren. Doch es ist sehr kompliziert. Wir haben
versucht, gemeinsam mit dem Marxistischen Forum, der KPF und einzelnen Intellektuellen die linken Kräfte in der Partei zusammenzuführen. Das ist uns noch nicht ganz gelungen
und hängt natürlich auch mit einer Ernüchterung nach dem Dresdner Parteitag zusammen, denn für die Linke in der PDS war das eine vernichtenden Niederlage.
Insofern spielen immer noch viele mit dem Gedanken, aus der PDS auszutreten. Sie wissen nicht mehr, ob sich die Arbeit in der Partei noch lohnt.
Könnte die Zusammenarbeit der PDS-Linken mit Kräften außerhalb der Partei aus der Krise führen?
K.Brandt: Das ist unser Ziel. Momentan bemühen wir uns um Kontakte zu anderen linken, kommunistischen Parteien, Verbänden und Vereinen, die zum Teil weit
links von der PDS stehen. Dazu gehört die Deutsche Kommunistische Partei (DKP), die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), aber auch die Friedensbewegung. Letztere wollen
wir nicht instrumentalisieren, sondern nach Kräften unterstützen.
Könnte es unter diesen Voraussetzungen der Parteilinken gelingen, dem Anpassungsdruck und den Regierungsavancen in der PDS entgegenzusteuern?
K.Brandt: Darum sind wir bemüht, denn wir wissen um die Nützlichkeit der PDS-Strukturen. Diese PDS gehört eigentlich uns und nicht den Rechten. Aber es ist
natürlich ein sehr mühseliger Kampf, der im Moment kaum Früchte trägt. Er führt eher zu Illusionen bei einigen Linken, z.B. bei der KPF, wo sich einige
Mitglieder gegen eine linke Fraktionierung in der Partei sperren.
Welche Perspektive gibt es, wenn es nicht gelingt den Anpassungsdruck zu bremsen?
K.Brandt: Der Kulminationspunkt wird für viele Mitglieder dann gekommen sein, wenn der erste Bundestagsabgeordnete der PDS für militärische Aktionen stimmt.
Das ist nur noch eine Frage der Zeit. Dann werden sehr viele Parteimitglieder die PDS verlassen und brauchen eine neue Heimat. Ob das eine neue Partei sein wird, wage ich zu bezweifeln. Eher
schließt man sich anderen Parteien und linken Projekten an.
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