Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.24 vom 22.11.2001, Seite 11

Die Wahhabiten — eine islamische Sekte

Der wahhabitische Klerus in Saudi-Arabien befindet sich im Krieg gegen den saudischen König, der ein enger Verbündeter der USA ist. Dies ist im politischen Klima Saudi-Arabiens seit den frühen 90er Jahren offensichtlich. Diese religiösen Extremisten mögen die Politik der saudischen Königsfamilie nicht. Sie verabscheuen die Anwesenheit von US-Streitkräften auf saudischem Boden und machen ihren Monarchen dafür verantwortlich, durch die Unterzeichnung eines Dokuments zusammen mit den Briten 1922 Palästina an die Juden abgegeben zu haben.
In den 90er Jahren wurden Safir al Hawali und Salman Awdah die Ideologen des Wahhabismus in Saudi-Arabien. Sie brachen mit ihrer politischen Unterstützung für den König, der als Imam betrachtet wird. Beide Ideologen wurden inhaftiert, doch ihr Einfluss im Land hat die Regierung bislang daran gehindert, sie hinzurichten.
Der Wahhabismus ist eine Religion, die einen dynamischen Glauben propagiert und ihre Anhänger verpflichtet, gegen den Unglauben zu predigen und zu kämpfen. Abdel Wahab war ein Saudi, der seinen Glauben im 18.Jahrhundert propagierte. Die heiligen Stätten in Saudi-Arabien wurden von den gebildeten Eliten in den moslemischen Machtzentren verwaltet, wo diese sich auch immer befanden: ob in Syrien, im Irak oder in der Türkei.
Die Saudis, die Vorfahren der heutigen Monarchen, übernahmen die heiligen Stätten im frühen 19.Jahrhundert und verbündeten sich mit den Wahhabiten, um ihre Herrschaft in Najd und Hejaz (der Region, die Saudi-Arabien beinhaltet) zu befördern. Sie zerstörten einige heilige Schreine in Mekka und Medina, weil diese mit ihrem Glauben nicht vereinbar waren. Sie wurden von den dem moslemischen Kalifat nahestehenden Kräften im 19.Jahrhundert vertrieben, aber sie übernahmen Anfang des 20.Jahrhunderts wieder die Macht. Diesmal wurden sie von den Briten akzeptiert und legitimiert.
Dieses wahhabitische Königreich der Saudis, die das Land nach ihrer Familie benannten, unterzeichneten zusammen mit den Briten ein Dokument, das den Juden die Rechte am palästinensischen Land verlieh. Der wahhabitische Klerus hat den saudischen Herrschern stets die religiösen Weihen verliehen, bis zu den frühen 90er Jahren, als einige renommierte Vertreter des Klerus begannen, die Königsfamilie wegen aller das Land heimsuchenden Übel zu kritisieren.
Dies führte zu verbreiteten Unruhen unter der Bevölkerung Saudi-Arabiens. Es kam zu Straßenprotesten in einem Land, in dem es derartiges vorher nie gegeben hatte. Diese Demonstrationen wurden durch die Regierung brutal unterdrückt und etwa 400 Aktivisten verhaftet.
Die Wahhabiten nennen sich die 73.Sekte des Islam und behaupten, die rechtschaffenste zu sein. Der Glaube hat begonnen in andere Länder einzudringen und traf bei Menschen weit außerhalb von Industrie und Technologie auf gute Aufnahme. Doch er traf auch auf eine Menge Widerstand seitens der Moslems. Anfang des 19.Jahrhunderts erschien der Wahhabismus in Indien, aber er konnte dort nicht Fuß fassen. Später konnte der Wahhabismus Unterstützung bei politischen Mächten finden, während die Ablehnung der einheimischen Bevölkerungen gegenüber diesem Glauben stets offensichtlich war. Im letzten halben Jahrhundert fanden die USA in ihm den besten Verbündeten für ihren Kampf gegen den Kommunismus.
Der Wahhabismus trat in den 50er Jahren in Ägypten auf, aber er erhielt kaum Unterstützung durch die Bevölkerung. Die Wahhabiten waren an terroristischen Aktivitäten gegen nationalistische und progressive Kräfte beteiligt und fanden ihre Partner in der US-Regierung und im CIA. Der Wahhabismus hat Länder wie Indonesien und Malaysia infiltriert, wo er unter den Moslems nie populär war.
Die jüngste Welle des Terrorismus und die Aktivitäten Osama Bin Ladens und anderer Wahhabiten ist der Versuch, Unterstützung von Moslems weltweit für die wahhabitischen Dissidenten in Saudi-Arabien zu erlangen, die glauben, dass die saudische Monarchie nur gestürzt werden kann, wenn die Unterstützung der USA für die saudischen Monarchen ausreichend geschwächt wird. Ob die militärische Aktion der USA und ihrer Verbündeten den Zielen Osama Bin Ladens und seiner Kumpane in die Hände arbeiten wird, wird die Zukunft erweisen.

Mohammed Rashid

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