SoZ Sozialistische Zeitung |
Die Ergebnisse der beschönigend "Bündnis für Arbeit" genannten Veranstaltung von Regierung, Arbeitgebern und
Gewerkschaftsvorständen sind niederschmetternd. Insbesondere die Festlegung der Gewerkschaften und ihrer Mitglieder durch die zweijährigen Tariflaufzeiten, die Zustimmung
und positive Würdigung der Rentenreform und die Einbeziehung in die kommende Krankenversicherungsreform sind Punkte, die den Protest herausfordern. Während die
Unternehmen sich in den letzten Jahren im Rahmen der Bündnisgespräche geweigert haben, irgendwelche Zusagen zu machen, wurden die Gewerkschaften immer mehr geknebelt.
Die SoZ dokumentiert den (leicht gekürzten) Aufruf einer Initiative, die in Berlin gegen die neuen Bündnis-Gespräche mobilisieren will.
Wieder einmal werden Tausende entlassen. Die offizielle Arbeitslosigkeit steigt über 4 Millionen. Der Druck auf die abhängig Beschäftigten wird weiter enorm gesteigert.
Auch in den kommenden Tarifrunden sollen wir Lohnverzicht üben und weitere "Flexibilisierungen" unserer Arbeitsbedingungen hinnehmen, um die Krise zu
bewältigen.
Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Lohnzurückhaltung und "Flexibilisierung" haben für
den "Erhalt der Arbeitsplätze" nichts gebracht, wohl aber für die weitere Bereicherung der wenigen Reichen dieser Gesellschaft!
Die Netto-Löhne und -Gehälter sind seit 1993 schon um 6,9% gefallen, gleichzeitig erhöhte sich der
Anteil der Gewinn- und Vermögenseinkünfte am Volkseinkommen um 10%.
Immer mehr Erwerbstätige leiden unter unwürdigen und unzumutbaren Arbeitsverhältnissen. Weit
über ein Viertel derjenigen, die noch einen Job haben, gelten inzwischen nach offizieller Statistik als "arm".
In ganzen Branchen und Regionen, gehören eine Anstellung mit Tarifvertrag und unbefristetem Arbeitsvertrag zur
Ausnahme. Immer häufiger werden Arbeitszeitverlängerungen und unbezahlte Mehrarbeit durchgesetzt.
Mit dem "JobAqtiv"-Gesetz werden Arbeitslose noch mehr gezwungen, jeden Scheißjob um jeden
Preis anzunehmen.
Trotz immer wieder neuer Lehrstellenversprechen fehlen weiterhin über 150000 Ausbildungsplätze. Viele
Jugendliche sollen nur noch eine zweijährige Schmalspurausbildung erhalten. Eine halbe Million Jugendliche sind arbeitslos.
Durch "Zuwanderungsgesetz" und "Greencard" werden Ausländer aufgeteilt in
"nützlich" und "weniger nützlich", d.h., alle werden zu Freiwild für Ausbeutung, staatliche Repression und rechte Schläger.
Mit der "Rentenreform" werden die Sozialkassen ihrer besseren Beitragszahler beraubt, wodurch die Renten
der sozial Schwächsten kaum noch zum Leben reichen werden.
Die Umverteilung nach oben ist das einzig sichtbare Ergebnis der unerträglichen Maßnahmen gegen
Lohnabhängige, Arbeitslose, Flüchtlinge, Auszubildende und sozial Schwache. Eine zentrale Rolle im Rahmen dieser Politik zur Anpassung der BRD an die globalen
Konkurrenzbedingungen spielt das "Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit".
Diese unsoziale Entwicklung braucht eine breite und wirksame Bewegung zur sozialen Gegenwehr der Betroffenen. Gerade die Gewerkschaften sollten die Interessen der lohnabhängig
Beschäftigten vertreten. Sie müssten ihr noch vorhandenes gesellschaftliches Gewicht in eine solche Bewegung einbringen. Stattdessen hat sich die Spitze der Gewerkschaften durch
das "Bündnis für Arbeit" selbst gefesselt.
Mit dieser Veranstaltung wird die Illusion verbreitet, über die "Spitzengespräche" zwischen Regierung,
Unternehmerverbandsbossen und Gewerkschaftsvorsitzenden gäbe es noch etwas zugunsten von Lohnabhängigen und sozial Schwachen zu verhandeln.
Tatsächlich war es aber nie ein Ansinnen von "Kabinett und Kapital", hier irgendeine Alternative zur
neoliberalen Messerwetzerei zur Diskussion zu stellen: Während Sozialabbau, Lohndrückerei und Abbau von Gewerkschaftsrechten früher in Konfrontation mit den
Gewerkschaften gemacht wurden, wird durch das "Bündnis" versucht, dies nun unter ihrer gütigen Mithilfe zu organisieren.
In den USA, Frankreich und Italien sind die Gewerkschaften zu einer wichtigen, großen Kraft innerhalb der
globalisierungskritischen Bewegungen von Seattle, Nizza und Genua geworden. Das ist auch dringender Auftrag an unsere Gewerkschaften.
Es gibt eine Alternative zum neoliberalen Pakt der Grausamkeiten! Viele Gruppen von Globalisierungskritikern,
Erwerbsloseninitiativen, Schüler- und Studenteninitiativen, Flüchtlingsgruppen und auch gewerkschaftlichen Basisinitiativen suchen wieder neue Wege der Opposition und Auswege
aus dem immer brutaler werdenden kapitalistischen Verwertungszwang.
Durch den Bruch mit dem "Bündnis für Arbeit" könnten die Gewerkschaften zu einem wichtigen
Teil einer europa- und weltweiten Bewegung werden, die konsequent für die Interessen von Lohnabhängigen und sozial Schwachen eintritt, ganz gleich was dies für
"Standort" und Kapital bedeutet. Wenn bestimmte soziale Mindestforderungen innerhalb des bestehenden Systems nicht erfüllt werden können, dann brauchen wir eben
ein anderes internationales Wirtschaftssystem.
Das "Bündnis für Arbeit" ist ein zentrales strategisches Projekt zur Aufrechterhaltung des sozialen
(Burg-)Friedens im Zeitalter des neoliberalen Umbaus. Ein Ausstieg der Gewerkschaften aus dem Bündnis kann die Kräfteverhältnisse entscheidend verschieben, wenn er im
Verbund mit dem Entstehen eines breiten Bündnisses von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen gegen die kapitalistische Globalisierung in der BRD vor sich geht.
Das unmittelbare Ziel der Initiative "Raus aus dem Bündnis für Arbeit" ist es, ein Bündnis zu
bilden von gewerkschaftlichen Aktivistinnen und Aktivisten mit einer Vielzahl von betroffenen Gruppen (Erwerbsloseninitiativen, Schüler- und Studentengruppen,
Flüchtlingsinitiativen, globalisierungskritischen Zusammenhängen etc.), um die Mobilisierung gegen die nächsten konkreten Zumutungen aus dem "Bündnis
für Arbeit" mit der Forderung nach dem Austritt aus diesem "Bündnis" zu verbinden.
Gegen jede Lohnleitlinie des Bündnis für Arbeit, für eine konsequente Tarifrunde mit Trendumkehr zugunsten der unteren Einkommensgruppen und
zugunsten der Rückholung der Aufweichung des Flächentarifvertrags!
Gegen jede weitere Politik der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, für die Rücknahme des JobAqtiv-
Gesetzes und ähnlicher Workfare-Programme!
Für die Durchsetzung des Rechts auf Ausbildung mit der gesetzlichen Umlagefinanzierung und für die
Übernahme im erlernten Beruf nach der Ausbildung!
Gegen die weitere Unterhöhlung des Solidarprinzips mit der Gesundheitsreform und für die
Rücknahme der privatisierenden Rentenreform!
Gegen eine rechtliche und soziale Unterteilung der AusländerInnen gemäß ihrer Verwertbarkeit und
jedwede andere Form der Ausgrenzung!
Für einen freien und sozial abgesicherten Zugang zum Bildungssystem und gegen dessen Privatisierung und
immer stärkere Unterwerfung unter Kapitalverwertungsinteressen!
Für diese Forderungen und den Ausstieg der Gewerkschaften aus dem "Bündnis für Arbeit"
demonstrieren wir beim kommenden Treffen des "Bündnis für Arbeit", jetzt voraussichtlich im Januar 2002 in Berlin.
Mit weiteren Aktionen, Veranstaltungen und Resolutionen, müssen wir Öffentlichkeit und Druck erzeugen und
weitere Gruppen zur Aktivität ermutigen. Wir müssen längerfristige Positionen zum Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, z.B. zum Thema Arbeitszeit und soziale
Grundsicherung entwickeln. Mit einem Wort wir brauchen euch zum weiteren Aufbau der Initiative schließt euch unseren Aktionen und
Diskussionszusammenhängen an! Es liegt in unserer Hand, auf zum Widerstand!
Informationen, Flugblätter und Kontakte über: www.gegen-buendnis-fuer-arbeit.de (in Kürze);
www.labournet.de;
globalisierung-brd@web.de.
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch. Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
Spendet steuerlich abzugsfähig!
VsP, Postbank Köln, BLZ 370100 50, Kontonummer 603 95 04