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Der Widerstand gegen die kapitalistische Globalisierung ist auch nach dem 11.September ungebrochen: mit 100.000 Teilnehmenden an der Demonstration des
EGB am Donnerstag, 15.000 bis 20.000 Teilnehmenden an der Demonstration des Bündnisses "Für ein anderes Europa in einer anderen Welt" am Freitag und immer
noch insgesamt 8000 Demonstrierenden am Samstag, als die meisten schon abgereist waren, ist die Bilanz eher positiver als in Nizza. Zumal es in Brüssel trotz aller Startschwierigkeiten
am Ende doch gelungen ist, ein breites Bündnis von EU- und Globalisierungskritikern zu zimmern, das die Aktionen vom Freitag gemeinsam durchgeführt hat.
Die größten Kontingente der EGB-Demo stellten die belgischen und die französischen Gewerkschaften;
herausragend dabei wieder die Beteiligung der französischen CGT, die wohl der stärksten Block bildete. Unter den belgischen Gewerkschaftern gab es große Unzufriedenheit
über die ihrer Meinung nach unzureichende Mobilisierung. Deutlicher als in Nizza artikulierten sich konkrete Kämpfe und Forderungen aus einzelnen Branchen und Betrieben: die
der Hafenarbeiter aus Antwerpen z.B. gegen die geplanten Liberalisierungsmaßnahmen in den Häfen, die der entlassenen Sabena-Angestellten, die die Solidarität ihrer
Kollegen bei Air France einklagten; die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen, der Druck auf die Löhne und die Ausdehnung prekärer Beschäftigung waren
Gegenstand zahlreicher Protestparolen und Transparentlosungen.
Erstmals waren auch die deutschen Gewerkschaften mit einem nennenswerten Kontingent beteiligt, vor allem IG-Metall-Fahnen
waren zu sehen. Der DGB hatte zugesagt, aus vier Bundesländern 6000 Teilnehmende zu schicken, war z.T. aber auch in anderen Regionen bereit, Busse zur Verfügung zu stellen.
Anders als in Nizza gab es diesmal auch keine Diskriminierungen gegenüber Erwerbslosen und Nichtgewerkschaftern, die mit DGB-Bussen fahren wollten.
Der Protest breitet sich also weiter aus, eine rechte Zuspitzung in Form seiner politischen Bündelung, wie dies in Genua
mit dem Genoa Social Forum gelungen war, gibt aber in den anderen europäischen Ländern noch nicht.
Die von den Gewerkschaften bevorzugte Formel "Für ein soziales Europa" klammert eine grundlegende
Infragestellung der EU-Politik und ihrer Institutionen aus; die Parole der Globalisierungskritiker "Für ein anderes Europa in einer anderen Welt" vermittelt nicht präzis,
was die Alternative sein soll. Alternative Vorstellungen gibt es in Bezug auf einzelne Fragen (wie z.B. das europäische Mindesteinkommen bei den Euromärschen), aber nicht in
Bezug auf die Institution EU.
Auch die 3.Europäische Erwerbslosenversammlung ist an diesem Punkt nicht recht weitergekommen. Sie war
stärker besucht als im vergangenen Jahr (über 200 Teilnehmende) und wieder sehr repräsentativ für die Erwerbslosenbewegung.
Es gab auch neue Gesichter: das Europäische Netzwerk der Erwerbslosen (ENU) hatte einen offiziellen Delegierten
geschickt, der Bundesvorstand von ver.di ebenfalls, die baskische Gewerkschaft LAB war erstmals seit Amsterdam wieder dabei.
Aber im Bemühen, eine Vernetzung mit anderen sozialen Bewegungen herzustellen (Gewerkschaften, Migranten, Frauen,
Studierende), ist man dennoch nicht recht weitergekommen. Vielleicht bietet die höhere Aufmerksamkeit für die prekäre Beschäftigung einen besseren Ansatz. Die
entsprechende Arbeitsgruppe war am besten besucht, sie tagt weiter und hat schon eine Menge Material zusammengetragen.
Wie im vergangenen Jahr trat auch dieses Mal ein Betriebsrat von McDonalds auf aus Paris; er berichtete über die
Gegenwehr gegen Entlassungen und Schikanen. Die Arbeitsgruppe hat sich vorgenommen, neben der inhaltlichen Arbeit an einer Broschüre praktische Schritte zur Unterstützung
der Beschäftigten bei McDonalds und in vergleichbaren Buden vorzubereiten mit Blick auf den EU-Sozialgipfel in Barcelona im März und den Gegengipfel in
Sevilla im Juni.
Die Erwerbslosenversammlung hat darüber hinaus den Weltspartag am 30.Oktober zu einem internationalen Tag des
Kampfes für ein existenzsicherndes Einkommen erklärt.
Angela Klein
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