SoZ Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Januar, Seite 23

Herr der Ringe — die Gefährten

USA/Neuseeland 2001, Regie: Peter Jackson, mit Elijah Wood, Ian McKellen, Ian Holm, Cate Blanchett, Christopher Lee u.v.a.

Man kann sich die Welt sehr einfach machen, wenn man sich selber eine erfindet. Diese nennt man dann z.B. "Mittelerde", bevölkert sie mit allerlei Wesen wie Hobbits, Zwergen, Elben, Orks usw. In dieser Welt können "gut" und "böse" auch sehr leicht auseinander gehalten werden: Die "Guten" reiten auf weißen und die "Bösen" auf schwarzen Pferden.
In der zum ersten Mal mit "echten" Schauspielerinnen und Schauspielern realisierten Verfilmung von Tolkiens Herr der Ringe wird allen, die so was brauchen, genau diese einfache Weltsicht geliefert.
Der Plot ist schnell erzählt: In grauer Vorzeit wurden mehrere Ringe hergestellt, die den Elben, den Menschen und den Zwergen bzw. deren Königen gegeben wurden. Der Herrscher der Dunkelheit — Sauron — fabrizierte einen Meisterring, der seinem Besitzer unbeschränkte Macht verleiht. Damit hätte sich der "Oberböse" ganz "Mittelerde" unterjochen können. Doch in einer großen Schlacht gelingt es einem menschlichen König, ihm diesen Ring abzujagen. Der Ring bringt seinen wechselnden Besitzern allerdings kein Glück und ein Hobbit findet den Ring. Der lässt sich vom Zauberer Gandalf dazu überreden, den Ring zu vernichten. Und schließlich zieht eine Combo aus vier Hobbits, einem Zwerg, drei Menschen und einem Elben — die Gefährten — los, um den Ring im "Schicksalsberg" zu vernichten.
So weit, so märchenhaft. Das Auenland, die Heimat der Hobbits, wird als kitschiges Disneyland vorgeführt, in dem die Hobbits als eine kleinwüchsige Mischung aus modernen Hippies und "typischem" englischen Landvolk des 19.Jahrhunderts hausen und dort eine Art idyllisches Schäferleben führen. Je weiter "die Gefährten" sich vom kitschig-schönen Auenland, in dem — sehr unenglisch — ständig die Sonne zu scheinen scheint, in Richtung "Schicksalsberg" fortbewegen, desto düsterer und kälter wird die Landschaft.
Das Ende des Films ist eine Art Cliffhanger, der das Publikum auf die zweite Episode, die im Dezember 2002 in die Kinos kommen soll, neugierig machen soll.
Der Film wurde in der beeindruckenden Landschaft Neuseelands aufgenommen. Handwerklich ist der Film hervorragend. Die SchauspielerInnen sind im Rahmen der imposanten Kulisse eher nebensächlich.
Die Charakterzeichnung ist so holzschnittartig einfach nach "gut" und "böse" eingeteilt, dass den Darstellenden auch nicht allzu viel schauspielerisches Talent abverlangt wird. Die Masken sind allemal wichtiger, als die Personen, die drin stecken.
Was auch immer alles in das Werk des verschrobenen englischen Schriftstellers Tolkien hineininterpretiert worden ist, vom Vorwurf des Transports faschistoiden Gedankenguts über die Interpretation "Mittelerdes" als reaktionäre Utopie eines "Feudal-Sozialismus" bis hin zu Vorstellungen, die v.a. im Auenland eine Art alternative Agrarkommune sehen, so gibt zumindest die Filmversion des Werkes nicht vielmehr her als einen gut gemachten, spannenden Abenteuerfilm.
Die fast drei Stunden, die der Film immerhin dauert, vergehen recht schnell. Man wird so schnell mit so vielen verschiedenen Figuren und Landschaften und Ereignissen konfrontiert, dass man sich zunächst überfordert fühlt. Alles löst sich aber immer im bekannten Gut-Böse-Schema auf. So weiß man letztlich immer, woran man ist und kann es mit den "Guten" halten.
Wer sich also drei Stunden von der komplizierten Wirklichkeit in eine Welt entführen lassen will, in der alles einfach und klar ist, dem sei der Film empfohlen. Wer sich dann vom Film erholen will, dem sei die in Buchform erschienene Parodie ans Herz gelegt: Dschey Ar Tollkühn: Der Herr der Augenringe.

Andreas Bodden

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