SoZ Sozialistische Zeitung |
Ihr Film zeugt von einer genauen Kenntnis des Milieus der Eisenbahnarbeiter. Wie kamen Sie dazu?
Das Drehbuch wurde von Rob Dawber verfasst, der Eisenbahner war, siebzehn Jahre lang Streckenarbeiter. Ich hoffe der Film reflektiert sein Wissen und seine Erfahrung. Also, viele Teile
stammen von Leuten, die Eisenbahnarbeiter sind oder waren. Es waren immer Experten zur Stelle, die mich korrigierten und in Kenntnis setzten.
Wie gerieten die Eisenbahnen in Großbritannien in diesen Zustand??
Die Eisenbahn war die letzte Großindustrie, die durch die Regierungen von Margaret Thatcher und John Major zur Privatisierung anstand. Sie glaubten, dass einzig privates Kapital
und die Gesetze des Marktes für Effizienz und hohe Produktivität sorgen würden. Die Konsequenz war, wie bei allen Privatisierungen, verheerend. In einer
vernünftigen Gesellschaft gäbe es ein Gleichgewicht zwischen den sozialen Belangen und der Möglichkeit, sie zu befriedigen. Es gäbe einen durchdachten und
geordneten Gebrauch der Ressourcen. Es gäbe eine richtige Ausbildung und Arbeitsbedingungen mit einer fairen Bezahlung und Jobsicherheit. Die Belange des Privatkapitals sind mit
solchen Forderungen ziemlich unvereinbar.
Die Eisenbahnen wurden, während sie sich noch in öffentlicher Hand befanden, in getrennte Einheiten zerlegt. Es
wurden verschiedene Käufer für die Strecken- und die Zugangelegenheiten gesucht. Die Arbeitsbedingungen wurden angegriffen. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden
verändert. Tausende erfahrener Arbeiter verließen die Industrie. Die Eisenbahnkultur der sicheren Praxis, die über Generationen aufgebaut worden war, wurde bewusst
angegriffen. Das daraus folgende Desaster, das von Eisenbahnern vorhergesagt worden war, scheint für die Labour-Regierung eine Überraschung zu sein. Sie hat sich, wie ihre
Vorgänger, der Privatisierung verschrieben. Trotz eines ungewöhnlichen Ausmaßes an Unterstützung aus der Bevölkerung weigert sich die Regierung, die
Eisenbahnen wieder in öffentlichen Besitz zu geben und ein gut finanziertes Transportsystem mit fortschrittlichster Technologie zu entwickeln. Stattdessen hat die Subventionierung der
privaten Eigner zugenommen und das Chaos hält an.
Die neue Ausbreitung des globalen Kapitalismus zerstört sogar die Idee der Arbeitersolidarität, das verspricht nichts Gutes.
Sie haben Recht, die Möglichkeit Kapital in kürzester Zeit rund um den Globus zu schicken und nach dem schnellsten Profit zu suchen ist eine Herausforderung für die
Arbeiterbewegung. Die bürokratische Führung der meisten Gewerkschaften in Großbritannien scheint unfähig zu sein, dem etwas entgegenzusetzen. Aber der Kampf
gegen Prekarisierung, sog. Flexibilisierung, Privatisierung und Rationalisierung ruft nach einem neuen Internationalismus. Sollten wir irgendeine Chance auf ein paar Siege haben, insbesondere
in einem vereinten Europa, müssen wir an der Basis Kontakte schließen und entwickeln. Wann immer ich die Möglichkeit hatte, zu sehen, wie diese Kontakte gemacht
wurden, war ich erstaunt über den immensen guten Willen und den Sinn für Solidarität, der darauf wartet sich zu entfalten.
Das Ende des Films ist ein schreckliches und düsteres Ende für die Arbeiter… Weil Sie glauben, dass es heute keine anderen Perspektiven gibt??
Der Schluss des Films ist düster, da wir nicht zu falschen Hoffnungen ermutigen wollten. Unsichere Arbeitspraktiken und schlechte Arbeitsbedingungen sind eine zwangsläufige
Folge der Privatisierung, keineswegs individuelles Unglück. Es gibt daraus letztendlich nur einen Ausweg: eine öffentliche und zuverlässige Eisenbahn, die von denen
geführt wird, die dort arbeiten, in Partnerschaft mit der Gemeinde, für die sie da ist.
Was wäre der Film Ihrer Träume, wenn Sie völlig freie Hand hätten?
Der Film meiner Träume ist der nächste. Das Kino meiner Träume ist etwas anderes. Vielleicht von denselben Prinzipien geleitet, wie wir sie gerne bei den
Eisenbahnen sehen würden!
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch. Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
Spendet steuerlich abzugsfähig!
VsP, Postbank Köln, BLZ 370100 50, Kontonummer 603 95 04