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Bundespräsident Johannes Rau gehörte 1949/50 mit Gustav Heinemann zu den Mitbegründern der Gesamtdeutsche Volkspartei. Diese
entstand, nachdem Heinemann als erster Bundesinnenminister der Regierung von Bundeskanzler Adenauer zurücktrat, weil dieser ohne Wissen des Kabinetts angeboten hatte, die
BRD aufzurüsten. Heute hat Johannes Rau ohne zu murren nicht nur Aufrüstung, sondern auch Beteiligung an Kriegen geschluckt.
In einer Rede, die er in Berlin zur Globalisierung hielt, zeigte er sich zwar über deren üble Folgen informiert,
meinte jedoch, wir könnten sie in "gute Bahnen lenken". Wer aber sind heute die Globalisierer und ihre Förderer?
Die "Raubtierkapitalisten", die "Warlords" im Krieg der "weltbeherrschenden Mega-
Konzerne" (Ignacio Ramonet) und die Interessen, denen sie mit Hilfe der Weltbank und der Welthandelsorganisation dienen, geraten nicht ins Blickfeld von Bundespräsident
Rau, obwohl er erwähnt, dass die Globalisierung gar nicht so global ist wie sich das anhört.
Denn in den ärmsten Staaten der Welt leben heute 40% aller Menschen, ihr Anteil am Welthandel liegt jedoch bei
unter 3%. "Heute haben 90% der Gelder, die täglich um die Welt zirkulieren, nichts mit dem Austausch von Gütern und Dienstleistungen zu tun. Über 2 Billionen
Euro … wechseln täglich aus spekulativen Gründen immer wieder den Ort. Das kann ganze Länder sozial und politisch destabilisieren, ja das kann sie in den
wirtschaftlichen Ruin treiben", wie der Bundespräsident zu Recht erkennt.
Rau unterschlägt nicht, dass es schon lange nicht mehr eine so breite internationale Protestbewegung gegeben hat
wie die der Globalisierungskritiker. "Diese Bewegung hat viel angestoßen, sie stellt richtige Fragen. Das gilt auch dann, wenn es bei Demonstrationen immer zu Gewalt
kommt", erklärte er.
Seine Schlussfolgerung lautete: "Die Globalisierung wird dann ein Erfolg, wenn die Dynamik der Marktkräfte
politisch in gute Bahnen gelenkt wird. Die Menschen überall auf der Welt müssen erleben, dass sie im Mittelpunkt stehen. Die Politik und die Wirtschaft werden um der
Menschen willen gemacht."
Wie es aber um die "Dynamik der Marktkräfte" und Politik sowie Wirtschaft, die angeblich um der
Menschen willen gemacht wird, tatsächlich bestellt ist, erfahren wir von Jean-Marie Messier, Konzernchef von Vivendi Universal. Das ist der zweitgrößte
Mischkonzern der Welt und der größte private Arbeitgeber Frankreichs, zu dessen Imperium 3000 Firmen gehören.
"Eine Firma wie Vivendi gehört den Aktionären und nur den Aktionären. Die
Unternehmensleitung macht Vorschläge, der Verwaltungsrat trifft Entscheidungen, doch das letzte Wort hat der Markt, der die Börsenkurse fallen oder steigen
lässt", so Messier. So haben die Vivendi-Aktien seit Jahresbeginn mehr als 40% ihres Werts eingebüßt, weil der Konzern sich "überhoben"
hat. Er kaufte immer neue Medien- und Telefonfirmen auf und sitzt nun auf einem Schuldenberg von fast 30 Milliarden Euro.
Der "Reichtum, auf den es die neuen Raubtierkapitalisten abgesehen haben, sind die unaufhörlich
wachsenden Datenströme", schreibt Ignacio Ramonet in Le Monde Diplomatique. "Sämtliche Netzbetreiber, vor allem die Anbieter von allem, das sich in
irgendwelchen Leitungen transportieren lässt Wasser, Gas, elektrischer Strom, Sprach- und Bildimpulse, Eisenbahn und Straßentransporte wollen einen Teil
der neuen Eldorados unter ihre Kontrolle bringen."
Und "die Öffnung der Grenzen möglichst vieler Länder für den ‚freien Fluss der
Informationen läuft darauf hinaus, diese Staaten den US-amerikanischen Raubtierkapitalisten zum Fraß vorzuwerfen". Es sind demnach keineswegs die
Menschen, die bei der "Dynamik der Marktkräfte" im Mittelpunkt stehen.
Jakob Moneta