SoZ Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juni 2002, Seite 22

Rosa-Luxemburg-Tage mit Linksruck

"Linksruck lädt ein" — unter diesem Motto standen diesmal die Rosa-Luxemburg-Tage in Berlin am Pfingstwochenende, zu denen wie bereits in den vergangenen Jahren die revolutionäre Organisation Linksruck eingeladen hatte. Über 430 Teilnehmende, vorwiegend Studierende und Schüler, diskutierten Probleme der Antikriegs- und globalisierungskritischen Bewegung, aber auch Themen wie Frauenunterdrückung, Faschismus, DDR oder marxistische Krisentheorie.

In vielen Fragen vertritt Linksruck hinreichend gute Positionen. Die Methode der Vereinfachung und Agitation gibt vielem jedoch den spezifischen Linksruck-Ton. So bspw. bei der Diskussion zu Palästina, wo Linksruck es fertig brachte, sich nicht einmal verbal vom Antisemitismus zu distanzieren. Stattdessen wurde in erster Linie der antiarabische Rassismus der jüdischen Gemeinde kritisiert.
Wer jedoch eine klare Haltung gegen Antisemitismus nicht formulieren vermag, fügt der Palästina- Solidarität Schaden zu und macht sie angreifbar für Vorwürfe hinsichtlich einer unklaren Haltung zum Antisemitismus. Außerdem war die Tendenz, den Islamismus zu verklären, sehr stark. So wurde die Teilnahme von Frauen an den Hizbollah-Demonstrationen als quasi fortschrittlich und frauenbewegt dargestellt.
Insgesamt zeigte sich, dass das Eingehen auf neue Fragestellungen oder Kritik von links keine Stärke von Linksruck ist. Die Propaganda für die Anti-Bush-Proteste oder zum Eintritt bei Linksruck war gebetsmühlenartig auf fast allen Veranstaltungen zu hören.
Während letztes Jahr noch die Notwendigkeit des Aufbaus einer antikapitalistischen Kraft, gemeinsam mit anderen noch im Zentrum der Linksruck-Politik stand, war davon diesmal in den Debattenbeiträgen nichts mehr zu hören. So kamen in den Reden die anderen Strömungen der revolutionären Linken in Deutschland überhaupt nicht vor.
Diese Defizite in Theorie und Praxis sind zwar durchaus beträchtlich, relativieren jedoch nicht die Tatsache, dass eine Organisation von 150 aktiven Mitgliedern und einem Umfeld von einigen hundert Unterstützern einen wichtigen Beitrag dazu leisten kann, die antikapitalistische Linke in Deutschland neu zu formieren.
Sascha Kimpel


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