SoZ Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, September 2002, Seite 22

Attac-Sommerakademie

Volkshochschule mit Praxisbezug

Die Sommerakademie von Attac, die vom 26. bis 31.Juli in Marburg stattfand, war ein echtes Highlight dieses Sommers. Bei brütender Hitze versammelten sich insgesamt 1000 Menschen, in der großen Mehrzahl Jugendliche — und lauschten.
Dutzende von Seminaren und Arbeitsgruppen boten ein reichliches Lehrangebot, von der einfachen Frage: "Was ist Neoliberalismus?" bis zu Globalisierung und Patriarchat, Privatisierung, Steuerfragen, Arbeitswelt usw. — alles, was irgendwie mit Globalisierung zusammenhängen kann.
Das Wissensniveau war im Schnitt eher niedrig, dafür die Wissbegier umso größer: Mit bewundernswerter Ausdauer folgten die Zuhörer den Referaten, die täglich in drei Blöcken angeboten wurden, plus Abendprogramm — und selbst danach wurden die Diskussionen noch in Zeltlagern, Turnhallen und Jugendherbergen bis tief in die Nacht fortgesetzt.
Die Arbeitsgruppen an den Nachmittagen boten stärker Praxisorientiertes: Die Attac- AGs stellten ihre Arbeit vor, die Studierenden warben für ihre Kampagne gegen die Privatisierung der Hochschulen und entwarfen eine neue Studentenzeitung, die Gesundheitskampagne versuchte, das Thema stärker in Attac zu verankern, die AG Arbeit warb für Anti-Hartz-Proteste usw.
Neben der Analyse sollte es vor allem um die Entwicklung von Alternativen gehen: da schlug die Kontroverse "Reform oder Abschaffung der WTO?" natürlich hohe Wellen, auch die De-Globalisierungsthesen von Walden Bello u.a.
Die Marburger Attac-Gruppe, die gerade wenige Monate zuvor gegründet worden war, hatte das Gros der Organisationsarbeit geschultert — eine absolute Meisterleistung, denn trotz vielem, was improvisiert werden musste, war die Atmosphäre durchweg entspannt und heiter, und die jungen Männer und Frauen, die sich mit großem Eifer engagierten, machten diese Arbeit zum ersten Mal!
Die Sommeruni war ein so großer Erfolg, dass am Ende klar war: Sie wir nächstes Jahr wiederholt. Damit hat sie die Volksuni als alternatives Bildungsprogramm definitiv abgelöst.
Um so auffallender ist eine inhaltliche Diskrepanz: Auf der einen Seite sind da die sehr globalisierungsspezifischen Themen (Finanzmärkte usw.), auf der anderen Seite fließen viele traditionelle Themen der Linken ein (z.B. Arbeit oder Migration o.a.), die dann aber sehr traditionell dargeboten wurden.
Mit anderen Worten: Der Brückenschlag, wie denn die neoliberale Globalisierung auch in der BRD die Welt verändert hat, muss in vielerlei Hinsicht noch geleistet werden. Die Analyse hinkt noch weit hinter der Wirklichkeit her.

Angela Klein


LeserInnenbrief@soz-plus.de
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