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In einer Nacht- und Nebelaktion ohne Beteiligung von Personalräten und der örtlichen Selbstverwaltungsorgane
(Verwaltungsausschuss Arbeitsamt) wurden am 16.9. in Leipzig und Duisburg die ersten PersonalServiceAgenturen (PSA) eröffnet. PSA sind ein Herzstück der
Hartz-Vorschläge. Eine Woche vor der Bundestagswahl sollte der Öffentlichkeit gezeigt werden, dass die Regierung nicht nur redet, sondern handelt hinter
dem Rücken und auf Kosten der Erwerbslosen wie der Beschäftigten in den Arbeitsämtern.
Die Erwerbslosen in Duisburg hatten Wind von der Sache bekommen. Das Arbeitsamt Duisburg hatte eine
Vereinbarung mit der Firma "START Zeitarbeit" unterzeichnet, deren Mitgesellschafter der DGB ist. Das Arbeitsamt Duisburg arbeitet seit einem Jahrzehnt
erfolgreich mit dieser Firma zusammen. Die jetzige Vereinbarung sieht vor, dass Arbeitslose zunächst an START vermittelt und von dieser Firma dann an Betriebe
"ausgeliehen" werden. Während der Probezeit erhalten die Erwerbslosen einen Nettolohn in Höhe des Arbeitslosengelds; danach einen tariflich
vereinbarten PSA-Lohn mit Sozialversicherung. Bei erfolgreicher Vermittlung bekommt START eine Prämie von bis zu 2500 Euro. Nach einjähriger Leihphase sei
eine dauerhafte Beschäftigung in der Entleihfirma zu erwarten.
Der Haken bei der Angelegenheit: Leiharbeitsverhältnisse dauern in Deutschland in der Regel nur 1
Woche bis 3 Monate. Nur jeder fünfte Leiharbeiter erreicht die kündigungsrechtlich relevante Schwelle von 6 Monaten.
Obwohl die Zeitarbeitsbranche immer wieder behauptet, Leiharbeit sei ein Sprungbrett in den ersten
Arbeitsmarkt, konnte dies bisher nicht belegt werden. Die Fluktuationen finden normalerweise zwischen den Zeitarbeitsfirmen statt, nicht von Zeitarbeitsfirma zu Entleihfirma.
Im Durchschnitt verdienen deutsche Leiharbeiter im Westen fast 40% weniger als ihre vergleichbar qualifizierten Kollegen in der Wirtschaft im Osten ist es noch
weniger. Der Abstand hat sich in den letzten Jahren deutlich vergrößert. Das Lohnniveau bei Hilfskräften ist soweit gesunken, dass die geliehene
Arbeitskräfte billiger sind als die Lohn- und Lohnnebenkosten im Einsatzbetrieb.
Die Erwerbslosenausschüsse von Ver.di Duisburg und Leipzig haben gegen die Eröffnung der
PSA protestiert. In Duisburg versammelten sie sich vor dem Sitz der Firma START, wo Walter Riester zur Eröffnung der PSA erwartet wurde. Als er kam, verwickelte
ihn der Vorsitzende des Erwerbslosenrats Duisburg in eine kurze Diskussion, die jedoch bald abgewürgt wurde. Die Eröffnung dauerte ganze 5 Minuten, danach
war der Arbeitsminister wieder weg. Im Fernsehen wies Ver.di auf fehlende rechtliche Rahmenbedingungen hin.
Vor Monaten hat der Ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske davor gewarnt, feste Arbeitsplätze
würden durch Leiharbeit ersetzt. Dies wurde jetzt durch die Gerichte bestätigt. Eine Arbeiterin bei Pott-Rum war entlassen worden; danach bot ihr die
Geschäftsleitung an, sie als Leiharbeiterin weiter zu beschäftigten. Die Arbeiterin klagte auf Wiedereinstellung. Alle Instanzen der Arbeitsgerichte bis hin zum
Bundesarbeitsgericht Erfurt haben ihre Klage jedoch abgewiesen (das letzte Urteil wurde im Juli gefällt). Die Praxis scheint den Gerichten rechtens.
Trotz dieser Rechtsprechung gab Frank Bsirske am Vorabend der Demonstration vom 14.9. in Köln
dem Hartz-Papier seine Zustimmung.
In den nächsten Wochen sollen in 50 Städten PersonalServiceAgenturen als Modellprojekte
eingerichtet werden. Das sollten 50 Zielscheiben des Protests werden und zwar nicht nur von Erwerbslosen.
Angela Klein