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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Oktober 2002, Seite 12

Baskenland

Batasuna verboten

Am 26.August entschied Richter Baltasar Garzón, dass nationalistische baskische Partei Batasuna ab sofort drei Jahre lang, egal unter welchem Namen, jede politische Tätigkeit einstellen muss. Begründung: Der "offensichtliche Zusammenhang" mit der ETA.
Parallel zum Richterspruch gegen Batasuna beschloss das spanische Parlament mit 88% der Abgeordnetenstimmen ein Parteiengesetz, mit dem Batasuna verboten werden kann. Ministerpräsident Aznars konservative Volkspartei (PP) und die sozialdemokratische PSOE stimmten dem Gesetzentwurf zu, die gemäßigte baskische nationalistische Partei PNV und die katalanischen Nationalisten stimmten dagegen, die Vereinigte Linke (IU) enthielt sich.
Das Gesetz richtet sich gegen eine Partei, die etwa 10% der baskischen Stimmen erhält, und ist so vage gehalten, dass damit nicht nur Batasuna, sondern auch eine Reihe baskischer linker Vereinigungen verboten werden kann. Auch die herriko taberna — nationalistische Bars und cafés — werden geschlossen. Auf diese Weise sollen die Basken insgesamt getroffen werden, denn es gibt im Baskenland Gemeinden, die vollständig von Batasuna geführt werden. Es ist somit nicht verwunderlich, dass im Baskenland alle Parteien, Gewerkschaften, Vereine und vor allem die Kirche das Gesetz ablehnen.
Das Parteiengesetz und das Verbot von Batasuna sind die schärfsten Angriff auf die demokratischen Rechte im Baskenland seit dem Ende der Franco-Diktatur. Der Konflikt wird zugespitzt und und die Polarisierung zwischen dem Spanischen Staat und den baskischen Nationalisten wird zunehmen. Aus diesen Gründen muss das Verbot von der internationalen demokratischen und Arbeiterbewegung verurteilt werden.
Eine Ablehnung des Gesetzes bedeutet keineswegs eine Unterstützung für die ETA und ihre Initiativen. Die Attentate auf unschuldige Zivilisten, auf Journalisten und auf Politiker von PP und PSOE sind nicht akzeptabel. Schon seit den 70er Jahren haben sich die baskischen revolutionären Marxisten der militaristischen Linie der ETA widersetzt.
Die Strategie des Bruchs mit der Franco-Diktatur hätte sich vor allem auf die sozialen und nationalen Mobilisierungen des baskischen Volkes im Bündnis mit der Arbeiter- und Massenbewegung im Spanischen Staat stützen müssen und nicht auf eine Serie militärischer Aktionen, die eine Mobilisierung der Massen ersetzten.
Wenngleich einige der militärischen Aktionen, die direkt auf die Diktatur zielten, eine gewisse Berechtigung hatten, so ist dies seit dem Ende der Diktatur nicht mehr der Fall. Der fortgesetzte militärische Kampf der ETA, der in manchen Fällen Unschuldige oder Personen traf, die keine direkte Verantwortung für die Repression trugen, führte zu einem politischen Abgleiten der ETA. Zivilisten durch Attentate zu treffen ist unvereinbar mit jedem Bezug zur nationalen und sozialen Emanzipation. Die haltung der ETA spaltet das baskische Volk und diskreditiert seine nationalen Interessen.
Daher ist auch die Weigerung von Batasuna, die Attentate zu verurteilen, nicht akzeptabel. Es gibt heute eine klare Ablehnung der ETA, nicht nur auf der Ebene des Spanischen Staates, sondern auch vonbedeutenden Teilen der baskischen Bevölkerung.
Dennoch bleibt eine wichtige Frage: Warum stehen so viele Basken noch immer den Aktionen der ETA mit Sympathie oder zumindest mit wohlwollender Neutralität gegenüber? Die Antwort liegt bei der Politik, die in Madrid gemacht wird. Im Gegensatz zur allgemeinen Entwicklung nach dem Ende der Franco-Diktatur behielten der Militär- und Polizeiapparat im Baskenland eine gewisse Kontinuität. Die Politik der nationalen Unterdrückung wurde im Baskenland fortgesetzt, wenngleich in anderer Form. In diesem Land mit einer langen Tradition des bewaffneten Kampfes zur Schaffung der Bedingungen für eine demokratische Debatte für die Selbstbestimmung des baskischen Volkes haben die Regierungen in Madrid stets mit der Ablehnung des Dialogs und mit Repression reagiert. Unter diesen Bedingungen konnte die ETA bis heute beanspruchen, 10% der baskischen Bevölkerung zu repräsentieren.
Die Antwort auf die baskische Frage liegt in der Anerkennung der nationalen, ökonomischen, sozialen, politischen und kulturellen Rechte des baskischen Volkes und vor allem in der Anerkennung der nationalen Selbstbestimmung. Solange dem baskischen Volk dieses fundamentale Recht verwehrt wird, stehen die grundlegenden Probleme des Baskenlands nicht einmal vor dem Beginn einer Lösung.

François Ollivier

Aus: Rouge, Nr.1982, 5.9.2002.



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