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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Februar 2003, Seite 4

Wie man einen Krieg vorbereitet

von ECKART SPOO

Wenn man einen Angriffskrieg vorbereitet, muss man Truppen, Geschütze und Geschosse ans Kriegsgebiet heranführen. Das geschieht in Nahost seit Monaten; eine riesige Armada ist dort inzwischen aufgefahren. Und man muss die Gegenseite gründlich ausspionieren. Dabei hilft den USA vor dem Krieg gegen Irak die UNO mit ihren Inspektoren, auch wenn die mit ihrer Arbeit eigentlich andere Absichten verfolgen.
Ferner muss man die Menschen auf der Gegenseite psychisch so präparieren, dass man von ihnen wenig Widerstand zu erwarten hat. Zu diesem Zweck strahlen Rundfunksender in den Irak hinein, aus Flugzeugen regnen Flugblätter, und aller Wahrscheinlichkeit nach werden die Aggressoren — ähnlich wie in vorangegangenen Kriegen — die Sender des Irak gleich zu Beginn des geplanten Krieges zerstören, damit die Bevölkerung dann ausschließlich der US-Propaganda und ihren Verwirrtaktiken ausgesetzt ist. Schließlich muss man, wenn man einen Angriffskrieg vorbereitet, auch im eigenen Lager die Opposition ausschalten.
Die Opposition gegen einen Angriffskrieg ist stark. In aller Regel lehnt die große Mehrheit jedes Volkes ihn ab. Man muss deswegen suggerieren, der geplante Angriffskrieg sei in Wirklichkeit ein Verteidigungskrieg. Die Vorstellung, der Irak könne die USA angreifen, ist zwar schwer vermittelbar, aber die Hysterisierung nach den Anschlägen vom 11.9. erleichtert solche Propagandaaufgaben — obwohl es für irgendeine Verbindung zwischen dem Irak und denen, die als Urheber der Anschläge verdächtigt werden, keinerlei Beweise gibt.
Die Gefahr für die USA soll von A-, B- und C-Waffen ausgehen. Dass die USA selber wie kein zweites Land der Welt über solche Massenvernichtungsmittel verfügen, und dass Präsident Bush den Einsatz von Atombomben gegen den Irak nicht ausschließt, wird akzeptiert. Man sucht nach ABC-Waffen im Irak, für die es bis heute keine Beweise gibt. Man hat leere Sprengköpfe gefunden sowie Papiere eines Wissenschaftlers, und man hat mit diesen Meldungen die Öffentlichkeit alarmiert. Die Antwort des Irak, dass er den Inspektoren auch diese unbedeutenden Details längst mitgeteilt habe, ging unter. Irakische Gegendarstellungen finden in NATO- Ländern ohnehin kaum Beachtung. Die Medien in diesen Ländern haben es ja auch ohne Empörung hingenommen, dass sich die USA den für die UNO bestimmten irakischen 12000-Seiten Bericht sofort aneigneten und andere Mitglieder des Sicherheitsrats nur Auszüge erhielten.
Die von großen Konzernen vermachteten Medien — auch solche, die das Vorgehen der Bush-Adminstration milde kritisieren — lassen die irakische Seite möglichst gar nicht zu Wort kommen; die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland machen es leider kaum besser.
Die Redaktion "Kultur und Gesellschaft" des WDR wollte vor Weihnachten ein Fernsehteam mit dem Thema "Dem Feind ein Gesicht geben" in den Irak schicken; es war schon in Jordanien, kurz vor dem Ziel, da wurde es auf Druck der in der ARD für die politische Berichterstattung Verantwortlichen zurückgeholt. Denn: Aus dem Irak soll einzig der vom SWR entsandte Korrespondent berichten. Der aber hatte erklärt, dass er sich dieses Themas nicht annehme.
In der Kriegsberichterstattung hat der Feind eine Fratze — kein Gesicht und vor allem keine Stimme. Das Publikum hat also nicht die Freiheit, beide Seiten zu hören und dann selber zu urteilen. Menschlich nahegebracht werden ihm Soldaten auf US-Flugzeugträgern, nicht die nach zwölf Jahren Embargo verelendeten Menschen eines arabischen Landes mit früher großem Wohlstand, die sich jetzt vor dem Bombentod fürchten. Es erfährt auch nichts über die bedrohten Kulturschätze Bagdads, nichts über die Umweltschäden, die in einem Krieg gegen das Ölförderland entstehen können.
Die Mahnungen und Warnungen der Friedensbewegung werden von den Medien in aller Regel verhöhnt. Davor ist auch Literaturnobelpreisträger Günter Grass nicht geschützt. Weder die Frankfurter Allgemeine Zeitung noch die Frankfurter Rundschau veröffentlichten eine von ihm über dpa verbreitete Stellungnahme, aber beide mokierten sich über ihn, die FR u.a. mit den Worten: "Moral kann eine Feindin der Freiheit sein, das zurzeit übermächtige Unschuldsverlangen führt geradewegs in die Politikunfähigkeit." Immerhin: Springers Welt gab ihren Lesern den Text zur Kenntnis — was aber nicht bedeutet, dass sie zu unparteiischer Berichterstattung gefunden hätte. Im Gegenteil: Der Springer-Konzern hat seine Mitarbeiter arbeitsvertraglich auf "Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten" verpflichtet.
So bereitet man einen Krieg vor. Mitarbeiter vieler Medien, die über ihn berichten sollen, sind dafür inzwischen in Bundeswehr- und NATO-Lehrgängen geschult worden. Wir sollten ihnen vorsichtshalber kein Wort glauben.

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