SoZ Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Februar 2003, Seite 21

Waffen und Narren

Bowling for Colombine, USA 2002, Regie: Michael Moore

Viele Hunde sind des Hasen Tod, viele Waffen schützen das stets bedrohte Heim. Glücklich die Familie, die ein doppelt gesichertes Vorhängeschloss und (mindestens) ein entsichertes Gewehr im Hause hat, sie kann ruhig schlafen. Doch um eben dies, den ruhigen Schlaf, fühlen sich die Gerechten in den USA dauerhaft betrogen. Die Terroristen, der Nachbar, Saddam Hussein, die Nachbarin: sie alle stellen eine dauerhafte Bedrohung dar…
Paranoia, Panik, Pistolen: Michael Moores Bowling for Colombine versucht herauszufinden, weshalb Waffen ein integraler Teil des täglichen Lebens in den USA sind. Wer in der Kleinstadt Flint ein Konto eröffnet (wie, zu Demonstrationszwecken, auch Michael Moore) erhält ein sinnvolles Werbegeschenk: ein Gewehr.
Littleton, eine Stadt wie viele andere, alles geht hier seinen gewohnten Gang. Freundliche Menschen, gut erzogene Kinder, der Postmann, der alle Bewohner persönlich kennt. Dennoch fand hier am 20.April 1999 jenes überregional beachtete Highschoolmassaker statt, bei dem zwei Schüler, zwölf Klassenkameraden und zwei Lehrer töteten. Knapp nach dem Massaker besucht der Schauspieler Charlton Heston in seiner Eigenschaft als Präsident der National Rifle Association Littleton und erklärt die Notwendigkeit einer stetig steigenden Bewaffnung der US-Amerikaner…
Waffennarren? Michael Moore versucht dieser Narretei auf die Spur zu kommen, und siehe da, ist es schon Wahnsinn, hat es doch Methode. Weshalb die Europäer ohne Waffen im Haushalt auskommen, bei gleichzeitig wesentlich geringerer Kriminalitätsrate.
Wie es die kanadischen Nachbarn schafften, bei einer hohen (Jagd-)Waffen-Quote ohne Hysterie und ohne herumzuballern, ihren Alltag zu bewältigen.
Diese Fragen stellt Moore und redet mit den Betroffenen, Opfern (von Gewalttätern) wie potenziellen Tätern, kümmert sich nicht um Drehverbote, inszeniert einen Auftritt in einem Kaufhaus, das jene Munition zum Sonderpreis anbietet, mit der ein nunmehr Gelähmter, den er mitgebracht hat, beschossen wurde, verschafft sich unter einem Vorwand Zutritt zu Charlton Hestons Villa, um den Altstar mit der Realität zu konfrontieren, erkundigt sich bei Bürgern, wovor und vor wem sie Angst haben.
Wo kommt die Gewalt her und wo geht sie hin: Dafür interessiert sich der Dokumentarist Moore und bemerkt ganz nebenbei aus dem Off zur alles beherrschenden "Bin-Laden-Thematik": "Dank CIA-Ausbildung tötet Osama Bin Laden 3000 Menschen bei dem Anschlag auf das World Trade Center…"
Ein aufklärerisches Unternehmen: Da ist einer hartnäckig geblieben und hat sich durch nichts und niemand von seinem Vorhaben abbringen lassen, überall dort aufzutauchen, wo man ihn nicht erwartet und er nicht willkommen ist. Wann haben wir so etwas zuletzt im Kino gesehen? Der Film hieß Roger and Me und war von Michael Moore…

Kurt Hofmann

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