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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, März 2003, Seite 21

Mord & Totschlag

Wolf Haas, Wie die Tiere, Reinbek: Rowohlt-Taschenbuch, 2002, 217 S., 8,90 Euro.

Vor knapp einem Jahr wurden zwei Kinder im Park von Schloss Windsor von Prinzessin Annes Bullterrier Dotty angegriffen. Dass der Hund danach zum Psychiater musste, ihre Hoheit dagegen mit 785 Euro Geldstrafe davon kam, liegt wohl an der sich auch in Großbritannien verbreitenden Erkenntnis, dass die psyschische Struktur dieser aus dem Hannover‘schen eingewanderten Adelssippe absolut therapieresistent ist.
Diesmal geht es an dieser Stelle also um Hunde und um ihr Verhältnis zu einer Hominidengattung namens "Hundehalter", die sich unterteilt in Herrchen und Frauchen. Das Drama dieser Beziehung kann man sonntags auf den großen innerstädtischen Wiesen erleben: Dort bemüht sich der lokale Hundetrainer um eine zeitgemäße Abrichtung von Mensch und Tier. Und mit ein wenig Beobachtungsgabe stellt man fest, was sonst nur beim Friseur ausgeplaudert wird: 70% der Störungen kommen vom Menschen, ohne die Zweibeiner wäre das Hundeleben kein Hundeleben. In dem Maße, wie ihr ursprünglicher Gebrauchswert verschwindet, werden Hunde zur Marke, passend zum Outfit ihrer Besitzer. Und so füllen sie die Parks, die Kinderspielplätze, die Tierheime, und hin und wieder sorgen sie in bitterer, unverschuldeter Revanche für eine Auffüllung der Kinderkrankenhäuser und Friedhöfe.
Wie das Verhältnis von Hund und Mensch in Österreich aussieht, beschreibt Wolf Haas in Wie die Tiere.
Privatdetektiv Brenner ist nach Wien gekommen, um sich hier die notwendigen Papiere für seine Frühpensionierung zu besorgen. Da er knapp bei Kasse ist, willigt er ein, gegen Logis für Schmalzl, den Besitzer der Bar "White Dog", einen Hundemörder zu suchen: Im nahegelegenen Park werden mit Nadeln präparierte Hundeplätzchen ausgelegt, mit entsprechend negativen Folgen für die Vierbeiner. Es gibt Demonstrationen der Tierschützer, die an Kinder schützende Mütter geraten, und Schmalzl, nicht nur Bar-, Frauen-, und Hundebesitzer (ein kurzlebiger Dogo Argentino namens Evita), sondern auch Fundraiser in eigener Sache, sorgt sich um die Einkünfte seiner "Ein Herz für Tiere"-Sammlertruppe. Es ist schon eine aufgeheizte Stimmung im Park, und ob Brenner im Kindergarten, im Tierheim oder bei der Amtsärztin auftaucht, überall wird ihm mit Misstrauen und Anschlägen auf seine Gesundheit begegnet.
Wer Wolf Haas‘ Stories um den Expolizisten und Exrettungsfahrer Brenner bisher noch nicht kennengelernt hat, sollte den Einstieg mit diesem Buch dringend nachholen. Wie er schreibt? Man stelle sich vor, nach einem anstrengenden Wochenende in Wien nimmt man an der Tankstelle einen Tramper mit. Und der quasselt drauf los. Die Müdigkeit ist wie weggeblasen und allzu oft schießen einem vor lauter Lachen die Tränen in die Augen, sodass man bitten will: "Silentium!" Aber das ist eine andere Geschichte von Haas.

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