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Auf dem Frauenplenum des 8.Parteitags der PDS, das am 15.März 2003 in Berlin durchgeführt wurde, bezeichnete die
Liedermacherin Barbara Thalheim die Regierungsbeteiligungen der PDS als "Damoklesschwert". Die PDS könne aufgrund dieser Einbindungen
"nicht mehr sagen, was zu sagen ist" und nicht mehr "Tacheles reden". Das sei auch am Programmentwurf erkennbar.
Barbara Thalheim verwies darauf, dass sich zahlreiche linke Künstler von der PDS abwendeten
unter anderem, weil diese "keine Visionen" mehr bieten würde (Neues Deutschland, 17.3.03).
Damit wurde auf den Punkt gebracht, was erstens zur PDS, zweitens zu den PDS-
Regierungsbeteiligungen und drittens zur PDS-Programmdebatte zu sagen ist.
Nehmen wir als erstes Beispiel die Blut-Schweiß-Tränen-Rede von Kanzler
Schröder vom 14.März 2003. Es handelte sich um eine Kriegserklärung an diejenigen, die bereits wenig haben: Erwerbslose, Rentner,
Sozialhilfeempfänger. Schröder kündigte eine Beschleunigung der Umverteilung von unten nach oben an: die fortgesetzte Begünstigung der
Vermögenden, der Konzerne und Banken. Just dieses Konzept hat die Krise bisher verschärft und die Arbeitslosigkeit erhöht.
Eine überzeugende PDS müsste nun erklären, dass Schröders Politik viel
zu tun hat mit der Macht von Konzernen und Banken und dem Prinzip der Profitmaximierung, das im Kapitalismus vorherrscht. Sie müsste deutlich machen,
dass nur die Entwicklung von Gegenmacht der Beschäftigten, Erwerbslosen, Gewerkschaften, Initiativen, Verbänden usw. eine Antwort
bietet. Sie hätte zu verdeutlichen, dass den Vermögenden und großen Konzernen allein mit der Steuerreform von 2001 mehr als 30 Milliarden
Euro zusätzlich "geschenkt" werden und zwar jährlich, dass also Geld für eine alternative Politik da ist.
Die PDS sagt all dies nicht oder nicht offensiv. Im Programmentwurf erklärt sie sogar, dass
"Unternehmertum und Gewinninteresse wichtige Bedingungen von Innovation und betriebswirtschaftlicher Effizienz" seien.
In der Magdeburger Volksstimme behauptete Gregor Gysi im Duktus der FDP, die Gewerkschaften
würden "Erbhöfe verteidigen" und outete sich als Fan von Ludwig Erhard, der "dem gesamtwirtschaftlichen Denken verpflichtet"
gewesen sei (12.2.03). Zur Erinnerung: Das war jener westdeutsche Kanzler, der die BRD in die erste schwere Krise 1966/67 torkeln ließ und deshalb abtreten
musste.
Warum redet die PDS statt Tacheles Stuss? Weil sie sich in ein Boot gesetzt hat, das in die falsche
Richtung treibt - weg von den Interessen der kleinen Leute. Weil sie im Bundesrat eben jener Steuerreform 2001 zugestimmt hat. Weil sie bereit ist, die Axt an
historische Errungenschaften wie Lernmittelfreiheit und Flächentarifvertrag zu legen.
Seit Jahrzehnten steigt in den kapitalistischen Ländern die Erwerbslosigkeit,
verschärfen sich die Krisen. Es wächst die Zahl vor allem junger Menschen, die sagen: "Eine andere Welt ist
möglich!"
Was müsste eine PDS mit klarem sozialistischen Profil hier sagen? Sie müsste
verdeutlichen, dass die kapitalistische Weltwirtschaft nicht in der Lage ist, eine Antwort auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen zu geben. Sie
müsste erklären, dass es gerade die Bewegungsgesetze des Kapitalismus sind, die auf Krisen, auf Kriege und umfassende Zerstörung zutreiben und
die ein menschenwürdiges Leben für spätere Generationen zunehmend in Frage stellen. Sie müsste verdeutlichen, dass wir uns auf der einen
Seite für jeden einzelnen Schritt der Gegenwehr und für Reformen engagieren, dass wir jedoch gleichzeitig an dem Ziel einer demokratischen,
sozialistischen Gesellschaft als Alternative zum Kapitalismus festhalten. Sie müsste eine solche Vision vor dem Hintergrund einer solidarischen und kritischen
Bilanz der DDR konkretisieren.
Die PDS präsentiert solche Visionen nicht mehr oder nur noch in vager, nicht
überzeugender Form. Im Programmentwurf findet sich nirgendwo die Vorstellung eines Sozialismus als Ziel einer Gesellschaft, die alternativ zur bestehenden
kapitalistischen ist. Der Begriff "Sozialismus" wird dort reduziert auf allgemeines soziales Handeln, auf abstrakte Werte, auf vage Sonntagsreden.
Warum präsentiert die PDS gerade mit dem Programmentwurf keine Visionen? Offensichtlich
versteht sie den vielfach strapazierten Begriff des "Ankommens in der Gesellschaft" im Sinne von "Verwalten der kapitalistischen Misere". So
sieht jedenfalls die praktische Politik der PDS-Regierungsbeteiligungen aus.
Dafür wird die PDS gnadenlos abgestraft. Bei, wie Barbara Thalheim unterstrich, den
"linken Künstlern", aber auch im gesamten Wahlvolk. Nur noch 11% PDS-Stimmenanteil in Berlin, nur noch 14% PDS-Stimmenanteile in
Mecklenburg-Vorpommern so die neuesten Umfrageergebnisse (laut emnid, März 2003). Verluste von mehr als einem Drittel der Stimmenanteile
trotz einer umfassenden Krise der SPD.
Diejenigen, die für diese Politik des Ausverkaufs von PDS-Zielen und der Aufgabe von PDS-
Positionen verantwortlich sind, haben nicht nur keine Visionen. Es handelt sich um politische Abenteurer und Bankrotteure.
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
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