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"Reformen Ja Sozialabbau Nein Danke!" Unter diesem Motto fanden die diesjährigen Demonstrationen zum 1.Mai statt, bei
denen Gewerkschaftsvorsitzende Nachbesserungen an der Agenda des Sozialabbaus forderten und die einen »heißen Mai« einleiten sollten.
Das Wetter war heiß, die Proteste blieben so lau, wie es bereits das
widersprüchliche Motto versprach. Nichts hat sich an den Plänen geändert und doch ist schon die Sommerpause eingeläutet. So
widersprüchlich ist die Haltung der Gewerkschaftsspitzen seit Beginn dieser neuerlichen Runde des Sozialabbaus vor einem Jahr.
"Mit uns kann und muss Peter Hartz rechnen", so lautete die erste DGB-
Presseerklärung zur Hartz-Kommission vor einem Jahr. Bereits tags darauf warf dessen Chef Sommer ihr vor, "dem neoliberalen Zeitgeist das
Wort" zu reden dabei war sie das Ergebnis der Mitarbeit von Gewerkschaftsvertretern in der Kommission. "Wir haben eine gemeinsame Wertehaltung
entwickelt", so die Ver.di-Vertreterin Kunkel-Weber. Diese Wertehaltung bedeutet Leiharbeit und Niedriglohn für alle, Zwangsarbeit und ins
Unzumutbare erhöhter Druck auf "arbeitsunwillige" Arbeitslose für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist kein Preis
zu hoch. Offiziellen Protest gab es nur gegen angeblich vertragsbrüchige Vorschläge wie Ausbildungsplatz-Wertpapier und Einschnitte beim
Arbeitslosengeld. Doch es war Wahlkampf und plötzlich gingen die Hartz-Vorschläge in die "richtige Richtung" und waren ein
"gelungenes Gesamtkonzept". Gleichzeitig drohte der DGB mit massiven Protesten, sollte die Union bei einem Wahlsieg ihre Pläne zum
Kündigungsschutz und Tarifrecht umsetzen wollen. Kaum schlimmere Vorschläge und Wortbrüche kamen aber von Schröder und
seiner Agenda und das Spiel zwischen staatstragender Reformwilligkeit und sozialem Gewissen begann von vorne.
Die konkurrierenden und inkonsequenten Mobilisierungen zu den beiden Aktionstagen im Mai
haben tatsächlich die Befürchtungen linker Gewerkschafter bestätigt, der ausgerufene Protest strebe nur symbolische Nachbesserungen an
und die Kanalisierung des Unmuts. Schon rufen die Gewerkschaftschefs ihre Mitglieder zur Reformbereitschaft auf und interpretieren das Ergebnis ihrer
schlechten Aufklärung und Mobilisierung als den Willen der Arbeitenden zur Agenda. Und wer noch vor der Wahl polterte, "man bewältigt
die Arbeitslosigkeit nicht, indem man die Löhne in den Keller haut" (Bsirske), hat es mittlerweile geschafft, Leiharbeit auf niedrigem Niveau
tariflich zu regeln. Nie sind gewerkschaftliche Errungenschaften billiger verhökert worden zu Lasten aller Lohnabhängigen.
Allerdings hat sich noch etwas geändert, denn die Gewerkschaften stehen mit dem
Rücken zur Wand. Zu zwei Wänden, um genauer zu sein.
Einerseits versuchen durch Schröder ermutigte Kapitalvertreter, sich der
Gewerkschaften als "Betonköpfe und Blockierer" zu entledigen. Das Kapital braucht die Gewerkschaften als Ordnungsfaktor nicht mehr, es
schätzt allerdings an betriebliche Interessen gebundene, erpressbare Betriebsräte, wenn sie jede Schweinerei der Belegschaft als Standortsicherung
übermitteln. Schröder unterstützte dieses Anliegen geschickt in der Regierungserklärung und drohte betriebliche Bündnisse per
Gesetz an. Unnötig, denn die Gewerkschaftsspitzen werden nicht müde, ihre "Flexibilität" zu beteuern.
"Wir gehören zur politischen Klasse. Wenn Hartz die "Profis der Nation" zum
Kampf, nicht gegen die Arbeitslosigkeit, sondern gegen die Arbeitslosen aufruft, dann müssen wir natürlich mit dabei sein", so Michael
Wendl über Gewerkschaftsfunktionäre. Aus dieser Angst vor Bedeutungsverlust sind die bereitwillige Mitarbeit beim Abbau gewerkschaftlicher
Errungenschaften und die nur symbolischen Proteste zu erklären.
Es bleibt aber widersprüchlich. Denn andererseits gibt es durchaus starke Kräfte
auch in den Gewerkschaftsvorständen, die die massive Bedrohung des Sozialstaats ernst nehmen und den politischen Selbstmord der Gewerkschaften
befürchten. Diese gilt es zu unterstützen, denn die Gewerkschaften befinden sich in der Tat am Scheideweg zwischen politischer
Bedeutungslosigkeit gerade wenn sie unsere Interessen zugunsten eines Platzes am Katzentisch des Neoliberalismus verraten und politischer
Neudefinition als Teil einer globalen sozialen Bewegung. Es könnte ihre letzte Chance sein, endlich Betonköpfe und Blockierer zu werden. Solche
wären bei unseren notwendigen aktuellen Protesten willkommen!
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