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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juli 2003, Seite 11

Bündnisse des Widerstands von unten

Gewerkschaften suchen neue Wege

Mitte Mai hatten das Zukunftsforum Gewerkschaften und das Soziale Netzwerk Stuttgart zu einem Kongress über die Lage der Gewerkschaften und ihre künftige Entwicklung eingeladen. Die fast 200 Teilnehmenden forderten, die Gewerkschaften müssten wieder eine außerparlamentarische Bewegung werden.
Sie warfen der Politik vor, sie verschärfe die Wirtschaftskrise durch Sozialabbau, Deregulierung der gesamten Ökonomie und durch ihre Steuerpolitik. Der Staat werde auf eine reine Ordnungsfunktion zurückgeführt, da sich das Kapital den Sozialstaat nicht mehr leisten wolle. Die Sozialdemokratie sei mit ihrer Standortpolitik mit sozialer Flankierung gescheitert. Sie habe ihre Vorstellungen von Gerechtigkeit und Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften aufgegeben.
Damit werde die Gewerkschaftsbewegung in die Rolle der Opposition gedrängt. Um dieser Rolle gerecht zu werden, befindet die Abschlusserklärung, ist Autonomie notwendig, d.h. eigenständige Entscheidungen, unabhängig von Regierungen und Parteien und der Aufbau einer eigenen politischen Kompetenz mit der Zielsetzung »Schutz der abhängigen Arbeit«.
Weil die Gewerkschaften als Einheitsgewerkschaft die einzige Klassenorganisation seien, müssten in ihr alle politischen Strömungen vertreten sein. Die Teilnehmenden forderten einen Paradigmenwechsel in der Wirtschafts- und Sozialpolitik und eine harte Opposition gegen Sozialabbau und Krieg. Angesicht der Globalisierung sei eine Internationalisierung der gewerkschaftlichen Arbeit und eine Vernetzung mit der globalisierungskritischen Bewegung notwendig.
Da die SPD nicht mehr der politische Ansprechpartner der Gewerkschaften sei, konstatierte Frank Deppe, sei eine Neuformierung der Kräfte links von der SPD notwendig. Es brauche eine Neugründung (ähnlich Rifondazione Comunista in Italien), weil es eine Renaissance der traditionellen Linksparteien nicht mehr geben könne.
Michael Schlecht, Leiter der Abteilung Wirtschaftspolitik von Ver.di, zeigte sich überzeugt, dass nach der Agenda 2010 ein Angriff auf das Tarifvertragsgesetz komme. Das entscheidende Problem der Wirtschaft sei die schwache Binnennachfrage. Als gewerkschaftliche Alternative präsentierte er höhere Löhne und ein Investitionsprogramm, das kurzfristig durch Verschuldung, langfristig durch Besteuerung der Vermögenden finanziert werden soll. Dieser keynesianische Ansatz stieß in der Diskussion aber auch auf Kritik; Diskussionsteilnehmer wiesen auf die tiefe Krise des kapitalistischen Systems (fallende Profitrate) hin.
Johannes Steffen von der Arbeitnehmerkammer Bremen verurteilte die Agenda 2010 als Umverteilungsprojekt und Systemwechsel in der Sozialpolitik. Am Beispiel Krankengeld wies er nach, dass Lohnnebenkosten nicht gesenkt, sondern nur umgeschichtet werden. 3,5 Milliarden Euro müssten die Beschäftigten dann selbst bezahlen. Es sei eine Illusion, dies über Tarifpolitik wieder hereinzuholen.
Ausführlich wurde über Gegenwehr gegen die Agenda 2010 diskutiert und ein Aufruf verabschiedet, der neben einer landesweiten Demonstration am 7.Juli auch die Notwendigkeit von Aktionen während der Arbeitszeit betont.

Korr. München

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