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WWenn zwei etwas Vergleichbares tun, heißt das bekanntlich noch lange nicht, dass sie auch vergleichbar behandelt
werden. Da hätten wir zum einen den ominösen Koalitionsstreit in NRW. Fünf Wochen lang versuchte der NRW-Ministerpräsident
Peer Steinbrück mit einer bewundernswerten Halsstarrigkeit seinen kleinen grünen Koalitionspartner aus der Koalition zu mobben. Scheinbar ohne
jeden Plan und offensichtlich ohne jede Fähigkeit, sein Anliegen legitim erscheinen zu lassen, stellte er die »Reform«fähigkeit der
Bündnisgrünen immer wieder öffentlich in Frage. Weder seine politischen Freunde noch seine Feinde, auch nicht die geballte Pressemacht
vermochte es, sich einen halbwegs stimmigen Reim auf die ganze Sache zu machen.
Als schließlich die weitgehende Pleite der v.a. von den Sozialdemokraten kontrollierten
Landesbank WestLB ruchbar wurde und allen halbwegs intelligenten Menschen gleichsam sinnlich klar machte, dass solcherart ökonomische Krisen
weniger auf das Anspruchsdenken der Beschäftigten, als auf die Profitgier der Manager zurückzuführen sind, schritten Parteichef
Schröder und Wolfgang Clement ein und zwangen Steinbrück bei einem Kamingespräch in die Knie. Steinbrück musste vor den
Grünen kuschen, endgültig auf seinen geliebten Metrorapid verzichten, sowie eine stärkere Reduzierung der Steinkohlesubventionen und
einen nachhaltigen Abbau der staatlichen Verwaltung akzeptieren. Eine komplette Niederlage.
Da hätten wir zum anderen den ominösen Tarifstreit in der Metallindustrie, eine
seit langer Zeit beschlossene Tarifauseinandersetzung um Grundsätzliches, die der designierte neue IG-Metall-Vorsitzende auf der einen Seite auch als
persönlichen Kampf inszenierte, auf der anderen Seite jedoch merkwürdig bremste, indem er möglichst vielen in seiner eigenen Gewerkschaft
möglichst wenig auf die Füße treten wollte. Ein halbherzig und bürokratisch geführter Streik und Peters taktische Fehler machten
es seinen innergewerkschaftlichen Opponenten offenbar möglich, bei der ersten besten Gelegenheit in die Gegenoffensive zu kommen. Anders als
Steinbrück wollte und konnte Peters allerdings nicht zu Kreuze kriechen und musste sich doch in der Sache geschlagen geben.
Soweit so gut oder so schlecht je nachdem. Doch wie unterschiedlich war die Reaktion
der sich in der Medienindustrie verkörpernden »öffentlichen Meinung«. Trotz gelegentlich sanfter Häme und offener Worte
Steinbrück sei als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet, so bspw. die SZ haben sie den einen, ihren gefallenen Sohn, sogleich
gehätschelt und gepflegt. Steinbrück genießt hier noch immer den Nimbus eines dynamischen und wichtigen Landespolitikers.
Auffällig beeilte man sich, die Irritationen der letzten Wochen im Blätterwald der Archive dem Vergessen anheim zu geben.
Wie anders dagegen bei der IG Metall. Nach derem Scheitern ging die Häme und Hetze
erst richtig los. Ein kaum verkappter Klassenkämpfer und Traditionalist, ein »Strippenzieher« sei Jürgen Peters, ein Mann, der an
seinem Spitzengehalt klebe wie die Made im Speck. Von Bild bis SZ, von den Fernsehsondersendungen bis zur Tagesschau, vom niederen bis zum
höheren Journalismus, von der offenen Meinungsbekundung bis zur Auswahl der vermeintlich objektiven Bilder und Interviewpartner, das Ausmaß
an ideologischer Gleichschaltung war und ist in der Tat bemerkenswert. So selbstverständlich das politisch-persönliche Versagen eines Peer
Steinbrück keine einzige Rücktrittsforderung erntete, so selbstverständlich konzentrierten sich bei Peters und Düvel die entsprechenden
Forderungen gerade darauf. An ihrem nach bürgerlichen Kriterien ausgerichteten fachlichen Können kann es also nicht liegen.
Verständlich wird dieses zweierlei Maß nur, wenn man nach den dahinter
stehenden, berühmt-berüchtigten gesellschaftspolitischen Interessen fragt. Nicht weil Steinbrück wirkliche Probleme mit den Grünen in
NRW hatte, hat er versucht, sie aus der Koalition zu drängen. Und ebensowenig ist Jürgen Peters der Klassenkämpfer, als den ihn zur Zeit alle
darstellen. Steinbrück wusste allerdings, was in den kommenden Jahren, im Rahmen einer sich vertiefenden Wirtschaftskrise, an »Aufgaben«
noch auf ihn zukommt bzw. an ihn gestellt wird. Die Grünen könnten sich dabei als weniger handsam erweisen als die FDP. Ebenso Klaus Zwickel:
Sehr genau wissend, was auf die Gewerkschaftsbewegung noch an »Aufgaben« zukommt, bzw. an sie gestellt werden wird, wollte er die Gunst der
Stunde nutzen und klar Schiff machen.
Beides ist zu einem gehörigen Maß Spekulation, aber bürgerliche Politik
denkt eben langfristig und versucht dabei, Möglichkeiten in eine bestimmte Richtung zu begrenzen oder zu nutzen. Bei den NRW-Grünen
dürfte diese Strategie problemlos aufgehen. Ob sie bei der IG Metall aufgeht, ist unsicherer. Trotz aller Bürokratisierung und Verflechtung mit dem
bürgerlichen Staat, ist eine soziale Bewegung wie die IG Metall anfälliger für Gegenströmungen. Es käme darauf an, solche zu
stärken und die elende Macht der neoliberalen Medien zu brechen.
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
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