SoZ Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, August 2003, Seite 7

Kölner Sozialforum

Gelungener Anfang

»Gegen den sozialen und kulturellen Kahlschlag in Köln — Die Stadt gehört uns!« — unter diesem Motto hatte die Initiative Kölner Sozialforum für den 25.Juni im Bürgerzentrum Alte Feuerwache zu »Diskussion, Informations- und Meinungsaustausch« eingeladen mit dem Ziel einer Bündelung des Protests und der Durchführung gemeinsamer Aktionen. Rund 200 Menschen, darunter viele vom rasanten Sozialabbau unmittelbar Betroffene, kamen, berichteten, brachten Vorschläge zur gemeinsamen Aktion ein. Mit diesem Abend ist die maßgeblich aus Attac-Kreisen heraus initiierte Kölner Sozialforumsbewegung einen wichtigen Schritt weiter gekommen: vom Projekt zum öffentlich wahrnehmbaren Faktor.
Der Kabarettist Heinrich Pachl stellte in einleitenden Worten Ursachen und Folgen des sozialen Kahlschlags plastisch und pointiert dar. Ergänzt wurde dies nach den Podiumsbeiträgen durch kurze Berichte und Stellungnahmen von Betroffenen aus Stadtteilen und Einrichtungen.
Besonders starken Beifall erhielt Brigitte Erdweg von den Frauen gegen Erwerbslosigkeit, die ihre Entnervtheit angesichts jahrelanger Rückzugsgefechte gegen die sozialen Verschlechterungen gerade für Frauen zum Ausdruck brachte und eine radikale Wende zugunsten der Belange der Frauen und der sozialen Bedürfnisse forderte. Zuvor hatten Jürgen Crummenerl von Attac und Werner Rügemer, Autor des Buches Colonia Corrupta, trotz notwendiger Kürze der vorgegebenen Vortragszeit für Diskussionsimpulse auf hohem analytischen Niveau gesorgt. Besonders Rügemers Beispiele von führenden Kölner Kahlschlagspolitikern als Absahnern am Gängelband der Großunternehmen sorgten für Laune. Der Konsens an diesem Abend war eindeutig: Geld ist genug da, man muss es nur da holen, wo es ist! Angela Bankert von der Initiative Kölner Sozialforum rechnete vor, wie schnell der Haushalt saniert wäre, wenn die Großanleger auch nur minimal besteuert würden.
Die Versammlung beschloss eine Demonstration am 1.Juli gegen den sozialen Kahlschlag. Über 2000 Menschen folgten dem Aufruf des Kölner Sozialforums, darunter zahlreiche soziale Einrichtungen der Stadt: der Paritätische Wohlfahrtsverband, der Dachverband der 70 Jugendeinrichtungen der Stadt, die Antifa Köln und die schwul-lesbische Regenbogenliste. Obwohl viele Gewerkschaftsmitglieder sich den Protesten anschlossen und der Betriebsrat eines mittelständischen Metallbetriebs zur Solidarität aufrief, wollte der DGB-Vorstand der Region Köln weder an der Demonstration teilnehmen, noch dazu aufrufen. Man werde »zur aktuellen Kommunalpolitik eigenständig Stellung nehmen«, hieß es auf schriftliche Anfrage des Kölner Sozialforums.
Im Anschluss zogen mehrere hundert Demonstrierende durch den Kölner Stadtteil Marienburg, das Viertel der Reichen. Dort wohnt u.a. Alfred Freiherr von Oppenheim, dem die Privatbank Sal.Oppenheim gehört; er ist der reichste Kölner und Präsident der örtlichen Industrie- und Handelskammer. Seine Bank verwaltet 600 Milliarden Euro. »1% Vermögensteuer auf diese Einlagen würden genügen, die Haushaltslöcher zu stopfen«, erklärte Angela Bankert auf der Kundgebung. Doch dafür gibt es keine Lobby im Stadtrat. Oppenheim treibt nicht nur die Privatisierung öffentlicher Aufgaben in Köln voran, er leitete auch den Verkauf von Wohnungsgesellschaften im ebenso bankrotten Berlin in die Wege. Einige Demonstranten nahmen, als Piraten verkleidet, die »Enteignung« Oppenheims vor.
Auf die Seite Oppenheims und anderer Marienburger, die sich bei der Stadtverwaltung zuvor über die angemeldete Demonstration beschwert hatten, stellte sich eine Gruppe »Intellektuelle gegen Deutschland«. Sie warfen den Demonstrierenden Sozialneid vor und bestritten, dass es »einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Reichtum der einen und der Armut der anderen« gibt.
Für den 29.Juli, wenn der Kölner Haushalt verabschiedet werden soll, sind weitere Aktionen geplant. Vorbereitet wird außerdem eine große Konferenz im Herbst.

Manuel Kellner

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