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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, August 2003, Seite 18

Lula in Schwierigkeiten

Soziale Bewegungen in Brasilien

Am 11.Juni haben fast 40000 Arbeiterinnen und Arbeiter in Brasília gegen die geplante Rentenreform der Regierung Lula demonstriert.
Die Demonstration vom 11.Juni war zwar nicht enorm, aber sie war die erste große zentrale Aktion gegen eine Initiative der Regierung von Luis Inácio da Silva (»Lula«). Initiiert wurde die Demonstration von der mit der Gewerkschaftszentrale CUT verbundenen Lehrergewerkschaft CNTE. Die CUT, deren Leitung in ihrer Mehrheit mit der Mehrheitsströmung der Arbeiterpartei (PT) verbunden ist, hat die Mobilisierung unterstützt und daran teilgenommen. Die überwältigende Mehrheit der Teilnehmenden bestand aus Mitgliedern der PT.
Die Regierung Lula hat versucht eine Teilnahme der Abgeordneten der PT an der Demonstration zu verhindern. Mit der Tatsache konfrontiert, dass eine große Anzahl von Parlamentariern der Partei zur Demonstration gehen wollte, musste die Regierung einen Rückzieher machen. Die Parlamentariergruppe der PT hatte eine offizielle Delegation zur Demonstration entsandt, der sich eine große Anzahl von Abgeordneten anschloss. Eine zentrale Gestalt auf der Demonstration war die Senatorin Heloisa Helena, die bei den Beschäftigten des öffentlichen Sektors populärste Führungspersönlichkeit der PT.
Verschiedene Teile der PT sind mit der zentralen Orientierung der Regierung nicht einverstanden. Am 29.Mai hatten etwa dreißig Abgeordnete der Partei ein Manifest veröffentlicht, das die Rentenreform und die Wirtschaftspolitik kritisierte. Der Kongress der CUT, der vor zwei Monaten zu Ende ging, hatte kritische Resolutionen zu denselben Punkten verabschiedet.
Am 10.Juni hat eine Gruppe von mit der PT verbundenen Intellektuellen ein Manifest herausgegeben, worin die Rentenreformpläne der Regierung kritisiert werden, und eine Gruppe von Wirtschaftswissenschaftlern hat sich gegen die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Regierung gewandt. Ende Juni wurden auf dem Kongress des Studierendenverbands UNE, dessen Delegierte zum größten Teil zur PT und zur ebenfalls an der Regierung beteiligten exmaoistischen Kommunistischen Partei Brasiliens (PCdoB) gehören, Resolutionen mit ähnlicher Stoßrichtung verabschiedet.
Laut den Meinungsumfragen ist allerdings die Popularität der Regierung kaum zurückgegangen. Die Rentenreformpläne scheinen von der Mehrheit der Bevölkerung gebilligt zu werden. Bei den organisierten Teilen der Gesellschaft, besonders bei den mit der PT verbundenen, beginnt sich die Situation aber zu ändern.
Auch im Parlament ist die Lage der Regierung nicht mehr so komfortabel. Die eigene Parlamentsfraktion der PT hat eine Reihe von Abänderungsvorschlägen zu den strittigsten Fragen eingebracht. Darüber hinaus organisiert die CUT zusammen mit einigen Abgeordneten die Unterstützung für ihre eigenen Änderungsvorschläge, die das Wesen der Reform vollständig ändern würden.
Während die CUT-Mehrheit die Taktik der Mobilisierung zugunsten ihrer die Logik der Reform ändernden Vorschläge bevorzugt, ohne gegenwärtig auf einen Streik hin zu orientieren, schlagen einige Strukturen einen Kampf für die Rücknahme der Reformvorhaben vor, wobei sie auch Streiks ins Auge fassen.

João Machado

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