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Stunde null in Phnom Penh lautet der Titel des dritten, in der metro-Reihe des Unionsverlags veröffentlichten Krimis von
Christopher G. Moore. Stunde null in Kampuchea, 1993 unter der labilen Kontrolle der UNTAC. Der in Bangkok als Privatdetektiv lebende Vincent Calvino
erhält in der thailändischen Metropole den suspekten Auftrag, nach Kampuchea zu reisen, um dort eine Geldübergabe zu organisieren. Was
sich nicht so leicht gestaltet, denn Hatch, der Mann, den er aufsuchen soll, scheint untergetaucht zu sein. Mit einiger Skepsis bricht er zusammen mit seinem
Freund Pratt von der Bangkoker Polizei nach Phnom Penh auf. Schon am ersten Abend gerät er unter Feuer und kommt knapp mit dem Leben davon.
Die Beherrschung der Hauptstadt durch die UN-Einheiten gelingt nur tagsüber und auch
hier hat die Korruption Einzug gehalten. Nachts werden illegale Kontrollpunkte errichtet, an denen Waffen und Drogen die Besitzer wechseln. Die ersten
westlichen Desperados halten Einzug, um das schnelle Geld zu machen.
Während sich in den Bangkoker Bars noch die entwurzelten Gestalten des
Vietnamkriegs herumtreiben, finden sich desillusionierten Glücksritter des Shareholdervalue-Kapitalismus in Phnom Penh wieder. Diese individuell
entwurzelten Abstauber am Elend treffen auf eine kollektiv zerrüttete Gesellschaft, in denen die Menschen in einer brutalen Kontinuität von
feudaler, kolonialer und Khmer-Rouge-Herrschaft über Jahrhunderte ausgebeutet und ermordet wurden. Symbol dieser Brutalität ist das K3, ein von
den Franzosen erbautes Gefängnis, das von allen Herrschern des 20.Jahrhunderts als Ort des Grauens und der Hoffnungslosigkeit benutzt wurde und wird.
In Schach gehalten von den »Friedenstruppen«, entlädt sich männliche Wut und Verzweiflung in rassistische Übergriffe auf
vietnamesische Prostituierte, die über die Grenze gekommen sind, um ihre Familie ernähren zu können.
Lächerlich belanglos wirkt der Auftrag Calvinos, und ob der Shakespeare zitierende
Pratt nun Waffenschmugglern hinterher jagt oder ein dem saudischen Königshaus gehörendes Collier wiederbeschafft, spielt eigentlich keine Rolle.
Welche Zukunft außer den Dollars bringenden Touristenströmen auf ihrem Trip nach Angkor Wat für die Menschen besteht, bleibt offen.
Ein kleiner Tip: Während Moore das vorläufige Ende der indochinesischen
Tragödie zum Thema hat, befasst sich Graham Greenes nun wieder neu aufgelegter Roman Der stille Amerikaner und die aktuell noch in den Kino
laufende Verfilmung des Buches mit dem heraufziehenden Ende der französischen Kolonialherrschaft und den ersten geheimen Abgesandten des US-
amerikanischen Engagements in Vietnam. Eine mehr als empfehlenswerte Ergänzung zu Moores Krimi.
Udo Bonn
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