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Die am 5. und 6.Juli von der, der DKP nahestehenden, Marx/Engels-Stiftung im altehrwürdigen Wuppertal veranstaltete
Konferenz zur imperialistischen Kriegspolitik und der heutigen Staats- und Demokratiefrage stand ganz unter dem Zeichen des jüngsten Irakkriegs. Mehr
noch, sie offenbarte auch, dass und wie sich die Niederlage der Kriegsopposition negativ auf die Gemüter derselben gelegt hat.
Da waren zum einen die beiden Referenten von der Kölner Arbeiterfotografie, die in
ihren Beiträgen nicht nur detailliert aufzeigten, wie in den Printmedien mit Mitteln der Fotomontage Meinungen »gemacht« und
Legitimität hergestellt wurde. Sie verbanden diese Darstellung mit einer Reihe von verschwörungstheoretischen Versatzstücken, die mal
mehr, mal weniger offen darauf hinaus liefen, das Saddam-Regime zu entlasten, und behaupteten, dass die berühmten Bin-Laden-Videos von Ende 2001
gar nicht Bin Laden zeigen würden. Grotesk wurde es, als es hieß, dass auch der 11.September eine geplante medientechnische PR-Veranstaltung
führender US-Kreise gewesen sei. Entsprechende Statements aus dem Publikum verdeutlichten, wie tief die aus Ohnmacht gespeiste Neigung zu solcherart
Verschwörungstheorien sitzt.
Das dritte Konferenzdrittel nahm diese, an den Reichstagsbrand von 1933 erinnernde
Stimmung des ersten Drittels wieder auf, als Ekkehard Lieberam und Manfred Weißbecker über die Staats- und Demokratiefrage referierten. Vor
allem Lieberam erntete gleichermaßen heftige Zustimmung wie Ablehnung, als er die ausführlich dargestellten antidemokratischen
Verschärfungen nach dem 11.September als Ausfluss einer Herrschaft der aggressivsten Kreise des US-amerikanischen Monopolkapitalismus
interpretierte und eine durch diese bedingte tendenzielle Faschisierung suggerierte. Als ein weiterer Referent dem heftig widersprach und die von Lieberam
beschriebenen Prozesse als den »normalen« Prozess der »Involution bürgerlicher Demokratie« (Johannes Agnoli) interpretierte,
fühlte sich Lieberam missverstanden und unterstützte das Plädoyer, mal wieder Agnoli zu lesen.
Das zweite Tagungsdrittel war insofern das interessanteste, als hier deutlich wurde, wie die
unterschiedlichen Strömungen innerhalb der DKP die heutige Weltsituation interpretieren. Gretchen Binus aktualisierte die alte Theorie vom
Monopolkapitalismus, zitierte dabei interessanterweise zustimmend Ernest Mandel und interpretierte den modernen Imperialismus mit einem anderen
undogmatischen Linken, mit David Harvey, als »Akkumulation durch Enteignung«.
Leo Mayer betonte in seinem Beitrag zu »Globalisierung und Krieg«, dass wir es
mit einer neuen historischen Situation zu tun hätten, in der die internationale Kapitalverflechtung zur tendenziellen Herausbildung eines
eigenständigen, transnationalen Kapitals geführt habe. Zwar gebe es noch immer innerimperialistische Rivalitäten, sogar offener denn je, sie
stellen jedoch nicht die übergreifenden Klasseninteressen in Frage: Die globale Fabrik brauche den globalen Betriebsfrieden. Von einer wirklichen
Emanzipation bspw. des europäischen Kapitals von den USA könne deswegen keine Rede sein.
Mit seinen Thesen erntete Mayer viel Widerspruch, vor allem von jenen, die (wie Patrick
Köbele und Hans-Peter Brenner) betonten, dass die alte leninsche Analyse das eigentlich auch heute noch ausreichende Interpretationsinstrumentarium
liefere.
Trotz teilweise scharfer Meinungsverschiedenheiten blieb diese Kontroverse aber durchaus im
Rahmen eines belebenden Meinungspluralismus. Beiträge von Elvi Claßen und Christoph Jünke (Arno Klönne hatte kurzfristig absagen
müssen) brachten schließlich einen Hauch sozialistischer Ökumene in die Versammlung, der durchaus positiv aufgenommen wurde.
Christoph Jünke
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