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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, November 2003, Seite 10

EGB-Demonstration in Rom

Arbeit, Rente und ein soziales Europa

Zum Auftakt der Regierungskonferenz, die die erste europäische Verfassung beschließen soll, demonstrierten in Rom fast 300000 Menschen für ein soziales Europa. Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) hat die Serie seiner Mobilisierungen seit Nizza fortgesetzt. Seinem Aufruf für Arbeit und soziale Rechte folgten am 4.Oktober etwa 250000 Menschen. Zeitgleich versuchte ein Demonstrationszug der italienischen Linken zum Palast des EUR, dem Tagungsort der Regierungskonferenz, vorzudringen.
Der Generalsekretär des EGB, der Brite John Monks, äußerte sich auf der Abschlusskundgebung durchweg positiv über den Verfassungsentwurf des Konvents. Seine Kritik konzentriert sich darauf, dass sie von den Regierungen nicht umgesetzt werden wird. Er erinnerte in seiner Rede an die drei Grundforderungen der Gewerkschaften, bei denen der EGB nach wie vor Handlungsbedarf sieht: Vollbeschäftigung, sozialer und wirtschaftlicher Fortschritt, Stärkung der Gewerkschaftsorganisationen.
Die Demonstrierenden kamen aus zwanzig verschiedenen europäischen Ländern: darunter Polen, Slowenien, Zypern, Ungarn und Rumänien; insgesamt 37 Gewerkschaften warne vertreten.
Die große Masse der Demonstrierenden stellten freilich die drei italienischen Gewerkschaften. Sie sind geeint in der Mobilisierung gegen die sog. »Rentenreform«, und die Rente war auf beiden Demonstrationen ein dominierendes Thema. Es ist allerdings nicht nur ein italienisches Thema. 35000 Rentnerinnen und Rentner waren aus Europa angereist, um ihren Forderungen nach Anerkennung einer angemessenen Mindestrente Gehör zu verleihen und Druck zu machen, dass sie in der europäischen Verfassung verankert werde.
Die drei italienischen Dachverbände CGIL, CISL und UIL wollen am 24.Oktober einen vierstündigen Generalstreik ausrufen. CISL und UIL hatten zuvor den mit der Rechtsregierung geschlossenen »Pakt für Italien« aufgekündigt. Dem Aufruf für einen Generalstreik hat sich auch die Gewerkschaft von Alleanza Nazionale angeschlossen. Die Metallarbeitergewerkschaft Fiom, die einen Streik für den 17.10. vorgesehen hatte, verschiebt ihn nun auf den 24., ebenso die Basisgewerkschaften Cobas. Italien wird wieder still stehen und macht erneut vor, was alles getan werden kann, wenn man ein unsoziales Gesetz ernsthaft verhindern will.
Der zweite Demonstrationszug formierte sich hinter dem Transparent des Sozialforums. Er umfasste die gesamte soziale und politische Linke in Italien, angefangen von Rifondazione über die Basisgewerkschaften und die FIOM, die katholische Arbeiterbewegung und Attac, Umweltschützer und Pax Christi bis zu den Disobbedienti. Parallel zur Demonstration fanden eine Reihe von Einzelaktionen statt. Ein Block von jugendlichen prekär Beschäftigten zog zusammen mit den Basisgewerkschaften vor eine Zeitarbeitsfirma, deren Fensterscheiben zu Bruch gingen. Aktivisten des besetzten Kulturzentrums Acrobax blockierten Straßen in der Nähe des Tagungsorts. Die Disobbedienti bildeten einen Frauenblock und versuchten auf der Höhe des Konferenzzentrums, mit Plastikschilden die Polizeiketten zurückzudrängen. Die Polizei kannte erneut kein Maß, schlug mit Knüppeln und Tränengas zurück und nahm 50 Demonstranten fest.
Die Kritik an der EU war in diesem Demonstrationszug deutlich artikulierter: »Die EU- Verfassung wird den Grundstein legen für ein neoliberales Europa der sozialen Ungleichheit, des Kapitals und des Krieges«, erklärte Piero Bernocchi von den Cobas-Gewerkschaften. Wie das gemeint ist, stellte der ehemalige Sprecher des Genoa Social Forum, Vittorio Agnoletto, klar: »Die wirklichen Europäer sind wir.«

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