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Die Produktivität der Arbeit erhöhte sich in den vergangenen 120 Jahren in Deutschland um das 17fache. Die
Einkommen stiegen um das 10fache. Die Arbeitszeit verringerte sich von 3000 Stunden auf weniger als 1600 Stunden im Jahr. Das war eine Halbierung der
Arbeitszeit bei 10fachem Lohnausgleich, so lauten Schätzungen der Grundsatzabteilung des DGB. Aber all das entwickelte sich nicht von selbst in der
Periode eines »Sozialkapitalismus«, es war das Ergebnis von zahlreichen Klassenauseinandersetzungen, von schweren Niederlagen ebenso wie von
erfolgreichen Kämpfen. Der wachsende Widerstand gegen den von der »rot-grünen« Regierung geplanten Sozialraub hat sogar
diejenigen überrascht, die ihn planten.
Mitglieder der SPD-Grundsatzkommission, darunter auch der »linke« Wolfgang
Thierse, verteidigen unter dem Titel »Wege aus der sozialen Sachgasse« die angeblichen »Reformen« der Bundesregierung mit dem
Argument, die »räuberische Weltwirtschaft« lasse sich »nicht mehr in die nationalstaatliche Kiste drängen«. Nicht die
Politik der Bundesregierung, sondern die globalisierte, von der Privatisierung des gesamten Lebens geprägte Wirtschaft sei verantwortlich für die
Abbröckelung des Sozialstaates.
Es ist der führende Staatssekretär im Finanzministerium unter Oskar Lafontaine
und jetztige UNCTAD-Chef, Heiner Plassbeck, der anprangert, dass Länder »in den Strudel von Finanzkrisen gerissen wurden, die Millionen von
Menschen in Armut und Hunger versetzten. Er betreitet jedoch vehement, dass Deutschland auch ein Opfer der Globalisierung ist.
Er behauptet, »die deutsche Wirtschaft hat trotz des Sozialstaates wie kaum eine andere
von der Globalisierung profitiert. Wie niedrig die Löhne und die Sozialleistungen in den Entwicklungs- und Schwellenlänern auch waren, mit Hilfe
ihrer extrem hohen Produktivität und der im Verhältnis dazu moderaten Arbeitskosten gelang es, im Handel mit fast allen Niedriglohnregionen
Überschüsse der deutschen Exporte über die Importe zu erzielen, also per Saldo im Handel mit diesen Ländern zu gewinnen und nicht
zu verlieren.«
Deutschland leide nicht an der Globalisierung, sondern an Politikern, denen der Horizont, das
Fachwissen oder ein geeigneter Beamter fehle, um lebenswichtige Fragen angemessen beurteilen zu können. Die deutsche Wirtschaft leidet an einer
extremen Schwäche des Binnenmarktes. Diese habe nur insoweit etwas mit der Weltwirtschaft zu tun, als die unsinnige Drohung mit den Folgen der
Globalisierung dazu führte, dass sich allzu viele ins Bockhorn jagen lassen.
Wir müssen keineswegs einverstanden sein mit Heiner Plassbecks Behauptung, dass
Deutschland nur an Politikern leidet, »denen das Fachwissen oder ein geeigneter Berater fehlt«. Dass die nimmersatten deutschen
Großkonzerne und ihr Arbeitgeberverband Druck auf Schröder, dem Genossen der Bosse, ausüben, weil sie sich ein noch
größeres Stück vom Kuchen der Weltwirtschaft abschneiden wollen und der Sozialstaat ein Dorn in ihren Augen ist daran kann man
nicht vorbeigehen.
Warum aber macht ein sozialdemokratischer Bundeskanzler sich zu ihrem Büttel, anstatt
sich auf die wachsende Protestbewegung zu stützen? Was jedoch Heiner Plassbeck zu Recht klarmacht: »Deutschland gehört durch seine
stetig wachsende Produktivität zu den Gewinnern der Globalisierung.«
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