SoZ Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Dezember 2003, Seite 4

Nach dem 1.11.

Bleiben wir auf dem Teppich

von ANGELA KLEIN

Nach dem 1.11. und mit dem Rückenwind aus Paris überschlägt man sich in Deutschland mit neuen Mobilisierungszielen: ein europäischer Aktionstag im Frühjahr, diesmal mit 500000 nach Berlin (sagt Attac), 1 Million nach Berlin (sagt die radikale Linke), Generalstreik (sagt die SAV). Den neuen Elan kann man nur begrüßen, reißt er doch auch diejenigen mit, die bisher eher Bremsklötze waren. Haben wir deshalb in Deutschland schon die Bedingungen für eine Massenbewegung gegen die Agenda 2010? Ist die Zeit reif für eine Wende? Mitnichten.
Mobilisierungen gibt es nicht auf Knopfdruck. Die bundesdeutsche Bevölkerung wird seit 25 Jahren mit der Propaganda berieselt, es gelte den Standort Deutschland zu verteidigen, sich für mehr Wirtschaftswachstum krumm zu legen und die öffentliche Hand von ihrer sozialen Verantwortung zu entlasten, damit die Wirtschaft florieren kann. Die Gewerkschaften haben sich dieser Propaganda nicht immer entgegengestellt, und sie tragen auch weiterhin wesentliche Bausteine davon mit (z.B. die Standortideologie). Mit der Berliner Demonstration haben wir es gerade einmal geschafft, dass das neoliberale Einheitsdenken in Deutschland einen ersten ernsthaften Riss zeigt. Von dort zur bewussten Ablehnung der veröffentlichten Propaganda oder gar einem glaubwürdigen Gegenmodell ist es noch ein weiter Weg. Es sind dicke Bretter zu bohren.
Zwei Voraussetzungen scheinen dafür nötig: Erstens reicht es nicht, dass die Gewerkschaften zu einer Aktion nur aufrufen, damit die Massen kommen. Wollen sie glaubhaft mobilisieren, müssen sie auch an ihrem Kurs etwas ändern. Ihre Mitglieder müssen sehen, dass sie die Politik der Krisenabwälzung auch im Alltag nicht mehr mittragen: Nein zur Reform der BA, keine Hinnahme der Hartz-Gesetze, auch wenn sie jetzt den Bundestag passiert haben, ernsthafter Abwehrkampf gegen den Abbau des Kündigungsschutzes und des Flächentarifs. Zweitens müssen auch alle anderen Linken nicht nur Kampagnen führen, sondern vor Ort den Menschen Möglichkeiten bieten, sich zu wehren. Eine Gegenkultur, eine sichtbare Alternative braucht ein soziales Fundament.

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