SoZ Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Januar 2004, Seite 21

Dub Side of the Moon

Dreißig Jahre hat Dark Side of the Moon von Pink Floyd nun auf dem Rücken, kein Album war länger in den Charts, und bisher wurden 34 Millionen Alben verkauft. Gab es zum 20.Geburtstag bereits eine komplett remasterte CD, so gibt es zum 30. eine SACD bei der Roger Waters und CO jetzt in Dolby Surround zu hören sind. Sicherlich gehörten Pink Floyd zu den Gruppen die die Widersprüchlichkeit der anspruchsvollen Popmusik am weitesten getrieben haben. Gesellschaftskritisch von der Attitude her, fuhren sie bereits mit mehr als zehn Sattelschleppern auf Tour, als anderen Bands noch ein Bruchteil genügte. Sie sangen sich mit dem systemkritischen Money von Dark Side of the Moon in die Herzen späterer Manager und nahmen für Another Brick in the Wall Eintrittspreise, die keine Schülerin und kein Schüler vom Taschengeld bezahlen konnte. Sie haben mit ihren Produktionen Maßstäbe gesetzt und in der Geschichte der britischen Punk Musik taucht immer wieder zu Beginn ein T-Shirt mit der Aufschrift »I hate Pink Floyd« auf.
Wie Pink Floyd auch auf andere Genres Einfluss hatte unterstreicht zum 30. das Reggae-Label Easystar Records: Die Idee hatte einer der Labelchefs, Lem Oppenheimer, angeblich, als er durch New York lief und das Original auf dem Walkman hörte. Er gewann für die Produktion Michael Goldstein und Victor Axelrod, die sicher als treibender Motor des Labels bezeichnet werden können. Die beiden haben sich drei Jahre Zeit genommen, um zum Geburtstag des Klassikers diesen aus der Sicht von Reggae und Dub einmal neu zu produzieren. Unterstützt wurden sie dabei vom Schlagzeuger Frantz Hilaire und Ronnie Butler an der Gitarre. Mit der Roots/Blues-Legende Corey Harris, dem Dancehall-Veteran Frankie Paul, dem zeitweiligen Wailers-Leadsänger Nesta Pine, dem Harmonie-Vokal-Trio The Meditations, Dr. Israel, und dem DJ Ranking Joe haben sie bekannte Größen der Szene für die Gesangsbeiträge gewinnen können. Herausgekommen ist ein Tribute- Album, das nicht selten die Dichte der Vorlage erreicht, das dubmäßig einige Überraschungen präsentiert und zeigt wie Pink Floyd und Reggae sich vertragen.
Das beginnt mit der Reduzierung der Spektralfarben des Originals auf das Rot-Gold- Grün der Rastafaris auf dem Cover, nimmt seinen Verlauf durch die Ersetzung der Gitarrenpassagen durch Saxofon, Posaune und Melodica und endet beim Husten nach dem Geräusch der Blubber, die die Kasse ersetzt. Da auf eine CD nun mal mehr passt als auf die klassische Vinyl gibt es noch vier Bonus-Tracks.
Sicherlich ist die Adaption unterschiedlich gelungen. Die Übersetzung von »Money« in Dub macht dabei am meisten Spaß und in »Great Gig in the Sky« brilliert die Trumystic-Sängerin Kirsty Rock wie seinerzeit Clare Torry im Original. Der Vergleich zum Original ist vielleicht nicht immer fair, aber bei der hervorragenden Bearbeitung von »Us and Them« kommt eben Frankie Paul bei weitem nicht an die Stimme von David Gilmour heran. Entscheidend ist bei dieser CD der Blickwinkel einer Musik, die sich zur Zeit von Pink Floyd in Jamaika entwickelte, von dort aus über London in der New Yorker Dub-Szene angekommen ist und die nun aus englischen Quellen schöpft, die wiederum mit Blues und Jazz beeinflusster Beatmusik begann. Besser kann man Exotik nicht dekonstruieren und zu einer spannenden vorwärtstreibenden Musik zusammensetzen. Gerade die Zusatztracks »Time Version« und »Great Dub in the Sky« zeigen dass diese Form des Crossover noch lange nicht erschöpft ist.
Einige der MusikerInnen dieser Produktion mochten Dark Side of the Moon schon immer, sagte Michael Goldstein in einem Interview. »Aber einige der Jamaikaner, die heute in New York leben, kannten Pink Floyd vorher überhaupt nicht, und es war gerade bei denen interessant zu sehen, wie sie die dreißig Jahre alten Lyrics von Roger Waters aufnahmen.« Auf jeden Fall ist diese Scheibe eine sehr viel größere Bereicherung des Pink-Floyd-Nachlasses als jede noch so technisch perfekte Aufbereitung des Originals für neue Audioformate.

Thomas Schroedter

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