SoZ Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Februar 2004, Seite 4

Gesundheitsreform

Kranke und Arme müssen zahlen

von ROLF EULER

»Ohne große Probleme« — so einige Zeitungen — hätten die Zuzahlungen bei den Ärzten an den ersten Tagen des Jahres geklappt; das ist eine boshafte Verdrehung der Tatsachen. Die neuen Zuzahlungsregelungen gehen für die Kranken richtig ins Geld. Schlagzeilen machten im nördlichen Ruhrgebiet schon am ersten Wochenende Kranke, die 20 und 30 Euro zahlen mussten, weil sie sich nicht nur beim Hausarzt, sondern auch beim Notarzt oder beim Notdienst im Krankenhaus behandeln lassen mussten.
Auch wenn es noch keine massiven Proteste gab — Ärger und Probleme häufen sich. Nicht nur gab es längere Wartezeiten für Patienten, es gab unbezahlte Überstunden für Arzthelferinnen, die Quittungen schreiben und Geld sammeln mussten. Und es gibt Beispiele, dass sich Kranke nicht zum Arzt begeben, um die Gebühr zu sparen — deren Behandlung hinterher deshalb womöglich teurer wird. Sogar Ärzte protestierten, dass sie Sozialhilfeempfängern das Geld abknöpfen müssen.
Es gibt eine Liste von weit über hundert Fallbeispielen, in denen Ärzte und ihre Helferinnen lernen mussten, wann eine Zuzahlung anfällt und wann nicht. Vertretung, Urlaub, Notdienst — immer gilt was anderes.
Das behauptete Ergebnis der Reformen, eine Senkung der Kassenbeiträge, erfolgt nicht. Die chronisch Kranken müssen zuerst alles bezahlen und bekommen erst später ausgerechnet, ob sie befreit werden. Die Kommission für die Bestimmung der chronischen Krankheiten hat noch nicht mal getagt. Zahnärzte und Nervenärzte müssen kassieren — eine Überweisung ist nicht möglich.
Die Taxiverbände protestieren, dass ihnen die Hälfte der Fahrten entgeht, weil die Zuzahlung nicht mehr erfolgt bzw. noch nicht einmal geregelt ist. Es gab schon den ersten Überfall auf eine Praxis, um Geld zu rauben. Die Sorge wegen der Bargeldverwaltung ist also berechtigt.
Auch die Zuzahlungen in den Apotheken steigen massiv, vor allem, weil Medikamente, die früher verordnet wurden, aber nicht verschreibungspflichtig waren, nun komplett von den Kranken bezahlt werden müssen. Schon in den ersten Tagen kostete die Reform die Kranken deshalb richtig Geld.
Diese Art Zuzahlung hat mit einer Verbesserung des Gesundheitswesens, gar mit einer Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung, nicht das Geringste zu tun. Rentnerinnen und Arme werden sich Gesundheit immer weniger leisten können. Die »Reform« hat damit zu tun, dass die Betroffenen zur Kasse gebeten werden, damit die Lohnkosten sinken. Und das ist erst der Anfang.

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