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Mit diesem Satz legte Detlef Hensche einen Grundstein für die Debatte auf dem Kongress der Gewerkschaftslinken in
Berlin. Der Kongress reihte sich einerseits in die Reihe der bisherigen Treffen der Initiative, diente aber auch der Vorbereitung der Aktionen Anfang April.
Im Berliner Gewerkschaftshaus kamen gut 150 aktive Gewerkschaftsmitglieder zusammen,
überwiegend von IG Metall und Ver.di, aber auch anderen Einzelgewerkschaften und lokalen Zusammenschlüssen der Gewerkschaftslinken.
Obwohl im vergangenen Jahr viele Aktionen einschließlich der erfolgreichen Großdemonstration am 1.November stattgefunden haben, an denen die
Gewerkschaftslinke maßgeblich beteiligt war, kamen zum Bundestreffen dennoch nur geringfügig mehr als sonst zusammen.
Detlef Hensche relativierte zu Beginn das Kongressmotto von den »Gewerkschaften in
der Krise«. Angesichts der Tatsache, dass die sog. Reformen in der Bevölkerung keine Mehrheit hätten, sei Untergangsstimmung nicht am
Platz. Die Gewerkschaften wären durchaus noch eine Macht, aber sie müssten, um nicht empfindlich an Einfluss zu verlieren, in sechs Punkten
schärferes Profil und mehr Einsatzbereitschaft zeigen: 1. mehr »Wahrhaftigkeit« und kompromisslose Stellungnahme gegen die neoliberale
Einheitspropaganda; 2. mehr »Beherztheit« und engagierten Einsatz für die materiellen Interessen der Mitglieder; 3. Anerkennung der
Tatsache, dass der politische Bündnispartner SPD ein für allemal abhanden gekommen ist die Gewerkschaft habe nun »die
Autonomie erreicht, die sie immer haben wollte«; 4. der "Blick von unten" dürfe nicht verloren gehen; 5. der gewerkschaftliche Blick
müsse »über die Grenzen gerichtet sein«; 6. die Gewerkschaftsbewegung brauche mehr utopisches Denken, Visionen einer alternativen
Lebens- und Gesellschaftsform.
Mit Blick auf das Mannesmann-Verfahren und das »Pharisäertum der politischen
Kaste« fragte Hensche auch, wieso man es eigentlich einem Gericht, dessen Urteil ja durchaus fraglich wäre, überlassen solle, gegen die
Bereicherung anzugehen.
Dieser ausgesprochen politische Ansatz der Analyse fand zwar überwiegend
Zustimmung, aber die merkwürdigen Linkstechnokraten und Ökonomisten, die für die resignative Grundstimmung der Linken in den letzten
Jahren verantwortlich sind, weil sie unermüdlich davon reden, die angeblich so völlig neue Realität des globalisierten Kapitalismus brauche
erst einmal »neuer Konzepte und Begriffe«, zeigten sich auch in der anschließenden Debatte.
Mehrere Arbeitsgruppen diskutierten über die Auswirkungen des für die IG Metall
so blamabel ausgegangenen Streiks in Ostdeutschland, über die Tarifauseinandersetzung 2004, über aktuelle Formen der betrieblichen
Kämpfe und über die anhaltende Privatisierung der öffentlichen Dienstleistungen. Die Konferenz kritisierte die bisherige Haltung des DGB
und der Einzelgewerkschaften und beschloss die Durchführung eines eigenen Kongresses zum Thema »Privatisierung und Gegenwehr«.
Der Kongress schloss sich auch dem Aufruf zur Solidarität mit den derzeit heftig
angegriffenen Siemens-Gewerkschaftern an (siehe dazu die SoZ-Berichte) und rief angesichts der zunehmenden Angriffe auf die gewerkschaftliche
Arbeit durch Überwachung, Verbot von Internetauftritten und Ausdehnung der »Betriebsloyalität« von Betriebsräten auf ihr
Privatleben zur Verteidigung der demokratischen Rechte auf.
Rolf Euler/Thies Gleiss
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