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Behelmte, mit Schilden und Schlagstöcken ausgerüstete Polizisten, Demonstranten, die Barrikaden bauen, Steine
und Molotow-Cocktails werfen, prügelnde, Wasserwerfer und Tränengas einsetzende Polizisten... Es geht hier nicht um das alljährliche Ritual
am 1.Mai in Berlin, sondern um die Schließung einer Werft im nordspanischen Gijón, gegen die sich die betroffenen Arbeiter militant zur Wehr
setzen. Mit diesen dramatischen Bildern beginnt der Film Montags in der Sonne des spanischen Regisseurs Fernando León de Aranoa. Wer jetzt aber einen
politischen Agitationsstreifen im Stil von Regisseuren wie Costa-Gavras erwartet, wird enttäuscht. Es folgt vielmehr ein ruhiger und fast ereignisloser Film
über drei Erwerbslose, die früher auf dieser Werft gearbeitet haben. Mit ihrer Arbeit haben sie ihren Lebenssinn verloren. Sie hängen in einer
Kneipe rum, die ein ehemaliger Kollege aufgemacht hat, und führen dort mehr oder weniger tiefsinnige Gespräche.
Der älteste von ihnen bewirbt sich auf Jobs, für die er so offensichtlich ungeeignet
ist, dass das Drehbuch an dieser Stelle unglaubwürdig ist. Überhaupt ist der Umschlag vom Kampf in den ersten Minuten des Films zu der schon fast
depressiven Aussichtslosigkeit in den restlichen über 100 Minuten ein wenig zu krass geraten. Die drei wirken so ausgepowert, dass man kaum glaubt,
dass sie jemals für oder gegen etwas gekämpft haben.
So wie die ersten Minuten ein uneingelöstes Versprechen darstellen, so auch der Titel.
Montags in der Sonne, das hört sich nach »dolce far niente«, nach Lebensgenuss ohne Plackerei und Chef, nach der Verwirklichung des von
Paul Lafargue proklamierten Rechtes auf Faulheit an, das von Gerhard Schröder bereits vor der Verkündung der Agenda 2010 vehement bestritten
wurde. Aber auch diese Erwartung wird enttäuscht. Die drei sind so offensichtlich unglücklich und wissen so wenig mit ihrer Zeit anzufangen, dass
man schon vom Zusehen depressiv wird. Lediglich am Ende blitzt ein wenig subversive Faulheit auf.
Auch der Humor kommt zu kurz. Die drei hängen rum, pissen sich an, versuchen ab und
zu mal ein Witzchen, das nicht zündet und sind einfach nur schlecht drauf. Nicht einmal ein bisschen Galgenhumor kommt auf. Auch Szenen, die
offensichtlich witzig sein sollen, zünden nicht. Als die drei bspw. vor einem Fernsehladen stehen und dann auf der Straße eine Show abziehen, wo es
um die gescheitertste Existenz in Spanien geht, sieht man im Wesentlichen drei blöd grinsende Typen, die blöde Sprüche machen und keine
Komödianten. Es ist wirklich deprimierend. Als die Frau eines der drei aus dem Fenster springt, ist das nur konsequent, vielleicht war sie vorher im Kino.
Jetzt könnte man sagen, das ist doch sehr realistisch. In einer Gesellschaft, wo der Wert
eines Menschen danach bemessen wird, wie ausbeutbar er ist, wo Erwerbslosigkeit soziale Ausgrenzung bedeutet und wo mittlerweile von den Regierenden noch
nicht einmal mehr die Erwerbslosigkeit sondern nur noch die Erwerbslosen bekämpft werden, ist es nun einmal überwiegend deprimierend,
arbeitslos zu sein. Es ist aber immer wieder wohltuend, wenn dieser gesellschaftlichen Depression etwas entgegengesetzt wird. Sei es ein Galgenhumor wie ins
manchen Komödien aus Großbritannien, die im Arbeitermilieu spielen oder sei es auch der melancholische Humor eines Aki Kaurismäki, der
selbst die Bewohner einer Barackensiedlung noch wie stoische Helden des Alltags erscheinen lässt. Dabei sollen die Zustände nicht
beschönigt werden, sondern es soll gezeigt werden, dass man sich nicht unterkriegen lässt. Insofern haben die Filme, die humorvoll oder wie
die von Ken Loach und Costa-Gavras kämpferisch an solche Themen herangehen etwas angenehm Subversives in dem Sinne, dass sie einem Mut
für einen schwierigen Alltag machen und dass sie der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass es irgendwann mal eine Gesellschaft geben wird, wo es keinen
derartig deprimierenden Alltag mehr gibt.
Das leistet Montags in der Sonne allenfalls andeutungsweise, er ist eher pessimistisch. Aber es
reicht noch nicht einmal für den schwärzesten Galgenhumor, sondern alles bleibt sehr ernsthaft. Dabei will der Film an einigen Stellen komisch sein,
er will an einigen Stellen auch politisch sein, aber beides gelingt nicht, weil der Regisseur sich irgendwie nicht traut, beide Elemente auszubauen. Vielleicht hat
er Angst, sich über seine Figuren lustig zu machen oder zu plakativ zu werden. So wirkt der Film wie ein misslungener Versuch, der weder komisch, noch
sozialkritisch, noch politisch ist, obwohl er all das gleichzeitig sein will.
Andreas Bodden
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