SoZ Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, April 2004, Seite 8

Berlin:

Bewegung gegen Rot-Rot

SSPD und PDS haben es geschafft. Trotz Verfassungsklage und breitem Unmut in der Berliner Bevölkerung, der Protestbewegungen der Studierenden gegen Mittelkürzungen in Höhe von 75 Millionen Euro und der Einführung von Studiengebühren, wurde der Doppelhaushalt 2004/2005 in Höhe von 22,4 Milliarden Euro am 18.März mit eigener Mehrheit beschlossen.
Das massive Kürzungsprogramm trifft Blinde, Eltern mit Kindern, Schüler, Sozialhilfeempfänger, Sozialmieter, Studierende, Frauen, Arbeiter und Angestellte. Allein im öffentlichen Dienst wurden die Löhne um durchschnittlich 10% gesenkt, für bestimmte Bereiche um bis zu 30%. Ein »rot-rotes« Meisterstück, wie der Fraktionschef Liebich im Parlament rotzfrech behauptete. Arbeitslos sind mittlerweile über 309000 Berliner, das macht 17%. Nur noch jeder dritte kann von eigener Erwerbstätigkeit leben und 250000 beziehen Sozialhilfe. Nächstes Jahr werden rund 25% der Bevölkerung an oder unterhalb der Armutsgrenze leben.
Der Senat weitet seine Lohnraubpolitik mittlerweile auch auf andere halb-öffentliche Betriebe aus. So sollen bei der Berliner Verkehrsgesellschaft, zuständig für U- und S-Bahnnetz, weitere 4000 Stellen vernichtet und bis zu 30% Löhne gekürzt werden. Von den 14000 Beschäftigten beim Krankenhauskonzern sollen mindestens 1000 Arbeitsplätze vernichtet, und bis zu 10% der Löhne gekürzt werden. Die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe erhöht die Wasserpreise bis 2005 auf bis zu 30%.
Insbesondere die PDS verkauft das ganze als »sozial gerecht und ausbalanciert«, so etwa die Abgeordnete und ehemalige HBV-Gewerkschafterin Elke Breitenbach. Die PDS koaliert weiter mit einer neoliberal gewendeten SPD und will den Wirtschaftsstandort Berlin attraktiv fürs globale Kapital machen.
Das Verdienst von SPD und PDS ist es jedoch, zu einer Neubelebung sozialen Protestes und zu einem stärkeren Miteinander der außerparlamentarischen Linken, sozialen Bewegungen und Gewerkschaften beizutragen. Man war immerhin in der Lage 15 Forderungen zu formulieren, die vom Senat erfüllt werden müssten. Mit einer Massenzeitung von 50000 Exemplaren wurden diese unter die Bevölkerung gebracht.
Der Protest auf der Straße war zwar nach dem Rückgang der Studierendenbewegung viel zu gering und beschränkte sich auf nur wenige tausend. Das Berliner Bündnis gegen Sozial- und Bildungsraub/Sozialbündnis (www.sozialbuendnis.de) hat jedoch eine gute Grundlage geschaffen, auf der es den Senat in Zukunft unter Druck setzen und Alternativen vorlegen kann. Auch die Kontakte in Betriebe hinein haben sich verstärkt. Das Bündnis schaffte es über öffentlichen Druck und Verhandlungen mit den Berliner Gewerkschaften, das Profil des 3.4. kämpferischer und basisnäher zu orientieren. Es scheint, dass der Senat nicht mehr ganz so fest im Sattel sitzt.

Sascha Kimpel

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