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Am weltweiten Aktionstag anlässlich des ersten Jahrestags des Kriegsbeginns gegen den Irak am 20 März haben
Hunderttausende gegen Krieg und Besatzung demonstriert. Die größte Demonstration fand in Rom statt, wo mehr als eine halbe Million Menschen
gegen die italienische Beteiligung an der »Koalition der Willigen« protestierten. Auch in Bagdad selbst kam es zu Demonstrationen gegen die
Gewalt der Besatzer. Trotz weltweiter Protestaktionen blieben diese zahlenmäßig weit hinter den Massenprotesten vor Beginn des Krieges
zurück. Es war jedoch ein politisch wichtiger Schritt der Antikriegsbewegung, deutlich zu machen, dass der Krieg auch im nachhinein keine
Legitimität gefunden hat und die Besatzung des Irak nichts anderes als Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln ist, den es ebenfalls zu
bekämpfen gilt. Was dies jedoch konkret bedeutet, blieb weitgehend ausgeblendet.
Arundhati Roy forderte beim Weltsozialforum in Mumbai (Indien) am 18.1.2004, den
Widerstand gegen die Besatzung des Irak zu unserer eigenen Sache zu machen: »Wir müssen der globale Widerstand gegen die Besatzung werden.
Unser Widerstand muss mit der Zurückweisung der Legitimität der US-Okkupation Iraks beginnen. Das bedeutet Handeln, um es dem Imperium
unmöglich zu machen, seine Ziele zu erreichen.« Dieser Ansatz ist eine Herausforderung für die Antikriegsbewegung, fordert er doch eine
neue Qualität der Aktionen, einen Übergang vom Protest gegen die Besatzung zum aktiven Behindern und Verhindern aller
Unterstützungshandlungen für das Besatzungsregime. Diese Position sollte für Linke, die sich dem Grundsatz »Der Hauptfeind steht im
eigenen Land« verpflichtet fühlen, eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Innerhalb der Friedensbewegung blieb diese Position jedoch
nicht ohne Widerspruch und spitzte die Diskussion um die Haltung zum irakischen Widerstand gegen die Besatzung zu. Der Widerstand im Irak wurde dabei in
der Regel auf den aktuell stattfindenden »bewaffneten Widerstand« und dessen Kampfmethoden reduziert.
Im Irak selbst nimmt der Widerstand gegen das Besatzungsregime auf allen Ebenen kontinuierlich zu. Der bewaffnete Widerstand ist in den letzten Monaten
so stark geworden, dass die Besatzungstruppen sich in einigen Landesteilen vor allem darauf konzentrieren, sich selbst zu schützen und die
Bekämpfung des Widerstandes zu »irakisieren«. D.h. die neu rekrutierten Polizei- und Armeekräfte werden bevorzugt dazu abgestellt,
die »Drecksarbeit« zu machen und übernehmen damit auch das Risiko, zum Angriffsziel von Widerstandsaktionen zu werden.
In den Medien wird nur sehr unvollständig über den Widerstand berichtet. Im
Mittelpunkt der Berichterstattung stehen die bewaffneten Angriffe auf Besatzungstruppen, Anschläge auf sogenannte Kollaborateure und seit
jüngster Zeit zunehmend Selbstmordattentate auf unterschiedliche Objekte. Diese Anschläge werden zum Anlass genommen, die Notwendigkeit der
Anwesenheit der Besatzungstruppen zu rechtfertigen und gleichzeitig jeglichen Widerstand gegen das Besatzungsregime als terroristisch zu denunzieren.
Der tägliche Terror der Besatzer gegen die Zivilbevölkerung, der wesentlich dazu
beiträgt, immer breitere Schichten der Bevölkerung gegen die Besatzungstruppen aufzubringen, ist dagegen kaum eine Zeile wert. Wenn die US-
Streitkräfte angegriffen werden, rächen sie sich wie in der ersten Aprilhälfte in Falludscha mit kollektiven Bestrafungsaktionen. Die ganze
Stadt wurde eingekesselt und bombardiert. Bis zu 600 Personen, vor allem Zivilpersonen, sollen dabei ums Leben gekommen sein, Hunderte wurden verletzt.
Aufgrund der festgestellten Verletzungen wurde den US-Streitkräften vorgeworfen, auch Splitterbomben eingesetzt zu haben.
Die Vorgehensweise in Falludscha hat erstmals dazu geführt, dass eine Einheit der unter
US-Kommando neu gebildeten irakischen Streitkräfte sich weigerte, an der Seite der US-Truppen gegen ihre eigenen Landsleute zu kämpfen. Die
Lage der Bevölkerung in der belagerten Stadt hat außerdem zu einer breiten Solidarisierungswelle der Bevölkerung in den umliegenden Orten,
insbesondere auch in Bagdad geführt, die in breitem Umfang Blut und Lebensmittel spendete. Sunnitische Geistliche in Falludscha riefen zu einem
dreitägigen Generalstreik auf. Der Ausbruch von Kampfhandlungen in verschiedenen Städten des Irak während der Ostertage konnte selbst
von der US-Administration nicht mehr als isolierte Einzelaktion abgetan werden. In den offiziellen Stellungnahmen war erstmals von einem Aufstand die Rede.
Die Besatzungsbehörde und die US-Regierung kündigten an, auch weiterhin mit aller Härte gegen den Widerstand vorgehen zu wollen.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der irakischen Bevölkerung ein
Widerstandsrecht gegen die Okkupation ihres Landes zusteht und in diesem Zusammenhang auch bewaffneter Widerstand gegen die Besatzung gerechtfertigt
und legitim ist. Gleichwohl wäre eine kritiklose Bezugnahme auf den bewaffneten Widerstand, wie er sich heute mehrheitlich im Irak darstellt, im Sinne
der Schaffung demokratischer und emanzipatorischer Rahmenbedingungen für die weitere Entwicklung im Irak kontraproduktiv. Die Gegnerschaft zur
Besatzungspolitik ist allein kein ausreichendes Kriterium, um den Widerstand als antiimperialistisch einzuordnen. Die Frage nach den weitergehenden
politischen Zielen der Akteure des Widerstandes darf nicht ausgeklammert werden.
An den bewaffneten Aktionen im Irak beteiligen sich sehr unterschiedliche Gruppen und Organisationen, vielfach entspringen die Aktionen auch spontaner
Empörung der Bevölkerung. Es gibt aktuell keine vereinheitlichte Widerstandsfront, weder auf der militärischen Kommandoebene noch im
Rahmen eines politischen Zweckbündnisses. Gemeinsam ist den getrennt operierenden Gruppen jedoch die Forderung nach sofortigem Abzug der
Besatzungstruppen.
Sofern sich Angriffe direkt gegen die Besatzungstruppen und ihre Logistik richten, finden diese
Aktionen durchaus die Zustimmung breiter Bevölkerungskreise. Fast täglich werden US-Militärkonvois oder Militäreinrichtungen der
Besatzer angegriffen, sterben Militärangehörige bei Gefechten und Bombenanschlägen. Die Tatsache, dass jede Woche tote GIs in
Zinksärgen zurückgeflogen werden, hat die US-Regierung massiv unter Druck gesetzt. Jeder tote und verletzte Soldat ist Beweis dafür, dass
die stärkste Militärmacht der Welt es bis jetzt nicht geschafft hat, den Irak wirklich unter Kontrolle zu bringen. Auf dem Hintergrund immer neuer
Enthüllungen, die bestätigen, dass die Gründe für den Krieg erlogen waren, geraten Bush und Co. vor allem an der Heimatfront in
Erklärungsnot, daran änderte auch die Festnahme von Saddam Hussein nichts. Die militärischen Widerstandsaktionen sind unter diesem
Blickwinkel geeignet, die Besatzungsmächte zu schwächen und der Forderung nach Abzug der Besatzer Nachdruck zu verleihen.
Die teilweise in regelrechte Gefechte übergehenden militärischen Aktionen
werden wegen der eingesetzten Waffen, der Vorgehensweise und der erforderlichen militärischen Ausbildung und Kenntnisse vor allem ehemaligen
Armeeangehörigen zugeschrieben. Diese Widerstandskräfte sind in der Regel dem nationalistischen Lager zuzurechnen und ideologisch der Baath-
Partei verbunden. Es wäre jedoch falsch, daraus den Schluss zu ziehen, dies sei für alle gleichbedeutend mit der Forderung nach Rückkehr der
Saddam-Diktatur.
Da die Zahl der im Einsatz befindlichen Besatzungssoldaten offensichtlich nicht ausreichend
ist, um die Situation im Irak im Sinne der Besatzer zu »befrieden«, setzt die US-Regierung zur Vermeidung eigener Verluste neben der Einbindung
irakischer Kräfte zur Bekämpfung des Widerstandes zunehmend auf private Sicherheitsdienste, die von der US-Besatzungsbehörde finanziert
werden. Es handelt sich dabei im Endeffekt um Privatarmeen, schwer bewaffnet und kaum kontrollierbar. Söldner ersetzen die Besatzer! Viele sind
ehemalige Soldaten berüchtigter Sondereinheiten aus allen Teilen der Welt. Werden die bewaffneten, in zivil auftretenden Söldner Opfer von
Angriffen, mutieren sie in den Medien in der Regel zu ausländischen Zivilisten und tauchen selbstverständlich auch nicht in der US-Statistik der
eigenen Kriegsopfer auf.
Die Gruppen des bewaffneten Widerstandes haben sich der US-Strategie angepasst und ihre
Angriffsziele ausgeweitet. Bewaffnete Angriffe und Bombenattentate finden auch auf sogenannte Kollaborateure statt, wobei hier besonders die von den
Besatzungsmächten neu formierten Polizeikräfte und Söldner betroffen sind. Auch im Irak tätige Organisationen wie die UN und das
Rote Kreuz, sowie generell Hilfsorganisationen, die im Verdacht stehen mit den verhassten Besatzern zusammenzuarbeiten, sowie von den
Besatzungsbehörden eingesetzte Bürgermeister und Mitglieder des Regierungsrates wurden und werden angegriffen. Wer wirklich im Einzelfall
hinter den Anschlägen steht, ist kaum festzustellen.
Als weitere bedeutende Strömung des bewaffneten Widerstandes sind jedenfalls
irakische radikal-islamistische Gruppen zu nennen, die ihren Kampf gegen »alle Ausländer und Nichtgläubige« im Irak führen.
Inwieweit hier Verbindungen zu Organisationen wie Al Qaeda bestehen, ist unklar, wird aber in Einzelfällen vermutet.
Eindeutig menschenverachtenden und terroristischen Charakter haben Selbstmordattentate und
Bombenanschläge auf sogenannte »weiche Ziele«, denen vor allem Zivilisten zum Opfer fallen. Dazu gehörten z.B. die
Anschläge auf Pilger, Warteschlangen von Arbeitslosen, die sich von den Besatzungsbehörden einen Job versprechen, und auf Marktplätze
mit teilweise Hunderten von Toten. Auch bei den zahllosen in Innenstädten gelegten Autobomben werden vor allem normale Bürger
betroffen. Ziel dieser Anschläge sind offensichtlich nicht direkt die Besatzungsmächte, sondern die Verbreitung von Angst und Schrecken unter der
Zivilbevölkerung. Diese Anschläge finden auch in der Bevölkerung keine Unterstützung. Es gab allein in Bagdad mehrere
Demonstrationen, bei denen ein Ende der Besatzung und ein Ende der terroristischen Aktionen gefordert wurde.
Eine Vielzahl radikaler islamistischer Gruppierungen, die vor der Machtübernahme der
Besatzungsverwaltung über keine nennenswerte Basis verfügten, nutzen die allgemeine Stimmung gegen das Besatzungsregime geschickt aus, um
den eigenen politischen Einfluss zu vergrößern. Hierzu gehört auch Muktada el Sadr und seine »Mahdi-Armee«, die mittlerweile
über zehntausend Milizionäre verfügen soll. Dem eigentlichen Kampf gegen die inneren und äußeren »Feinde des
Islam« wird dabei der Deckmantel des Kampfes gegen die Besatzung übergestülpt. Diese Strömungen profitieren von der
Unglaubwürdigkeit der politischen Parteien, die sich an dem nach den Interessen der US-Besatzer zusammengesetzten Regierungsrat beteiligen. Die
Forderung nach Beendigung der Besatzung, freien Wahlen und Wiederherstellung der vollen Souveranität der irakischen Institutionen in allen
gesellschaftlichen Bereichen, kann sich auf die überwältigende Mehrheit der irakischen Bevölkerung stützen. Angesichts der
Realitäten der geplanten »Machtübergabe« und Regierungsbildung, die nur kosmetische Veränderungen, jedoch keine wirkliche
Beendigung der Machtbefugnisse der US-Besatzungsmacht mit sich bringen wird von der weiteren Truppenstationierung ganz zu schweigen ,
werden Gruppen wie die um Muktada el Sadr unter Verdrängung ihres innenpolitischen Kurses einer Talibanisierung des Irak, für Teile der
Bevölkerung zum Hoffnungsträger im Kampf gegen die Besatzung. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Haltung der
Besatzungsverwaltung. Solange die Milizen von Muktada el Sadr »nur« Frauen und innenpolitische Gegner in den von ihnen kontrollierten
Stadtteilen terrorisiert haben, sahen die US-Besatzer keinerlei Gründe gegen die Milizen vorzugehen. Anlass der jüngsten Auseinandersetzungen
war das Verbot der Zeitung der Gruppe um Muktada el Sadr wegen Kritik an den Besatzungsbehörden und der Besatzung insgesamt.
Eine Analyse der aktuellen Entwicklungen im Irak macht vor allem deutlich, dass von »dem« irakischen Widerstand nicht gesprochen werden
kann. Auch wenn in den Medien von »dem« sunnitischen und »dem« schiitischen Widerstand gesprochen wird, ist dies eine
unzulässige Vereinfachung. Die genaue Zusammensetzung des bewaffneten Widerstandes und das Kräfteverhältnis der verschiedenen
Gruppen zueinander sind nicht bekannt. Bei den meisten Meldungen handelt es sich lediglich um Spekulationen.
Völlig unzulässig ist es auch, den Widerstand auf den derzeitigen bewaffneten
Widerstand einzuengen. Islamische wie kommunistische Organisationen, die sich aktuell nicht an den bewaffneten Aktionen beteiligen und teilweise auch im
Regierungsrat vertreten sind, haben von Anfang an deutlich gemacht, dass sie den bewaffneten Widerstand gegen die Besatzungstruppen nicht grundlegend
ablehnen. Es war bisher vor allem eine taktische Entscheidung, sich noch nicht an bewaffneten Aktionen zu beteiligen. Außerdem wollen vor allem die
kommunistischen und fortschrittlichen Kräfte unter keinen Umständen in den Verdacht geraten, mit den Baathisten oder Islamisten
zusammenzuarbeiten.
Verbunden ist diese Haltung außerdem mit einer völlig unterschiedlichen
Aufstandskonzeption. Im Hinblick auf einen Volksaufstand gegen die Besatzung wird auf Selbstorganisationsstrukturen der Bevölkerung gesetzt, der
Aufbau von Massenorganisationen wie Gewerkschaften vorangetrieben. Massendemonstrationen und Streiks sind in dieser Konzeption zentrale
Widerstandsaktionen, die eine breite Mobilisierung und Beteiligung der Bevölkerung ermöglichen. Terroristische Aktionen werden dagegen
grundlegend abgelehnt. Diese schaffen ein Klima der Angst und Einschüchterung und wirken sich negativ auf die Mobilisierungsfähigkeit der
Bevölkerung aus. Über Demonstrationen der Arbeitslosen, Frauendemonstrationen, Betriebsbesetzungen und Streiks und die in diesem
Zusammenhang stattfindenden Auseinandersetzungen mit den Besatzungstruppen wird in der bürgerlichen Presse kaum berichtet. Dieser Teil des
Widerstandes wird aus der Berichterstattung praktisch ausgeklammert.
Die derzeitigen Hauptakteure des bewaffneten Widerstands sind Gruppierungen, die mit
demokratischen und emanzipatorischen Grundsätzen nichts verbindet. Die Zukunft des Irak sehen sie in der Schaffung eines islamischen Gottesstaates
oder in einer Neubelebung des arabischen Nationalismus und der baathistischen Bewegung. Diesen Gruppierungen allein deshalb, weil sie den Abzug der
Besatzungsmächte fordern, eine antiimperialistische Haltung zuzuschreiben, ist nicht nur inhaltlich falsch, sondern ignoriert auch die politische Tradition
der benannten Gruppierungen. Sie zeichnen sich gerade nicht durch eine konsequente antiimperialistische Haltung aus, sondern waren in der Vergangenheit
jederzeit zu einer Zusammenarbeit mit dem Imperialismus bereit, wenn es dem eigenen Machterwerb oder -erhalt nützlich erschien.
Radikal-islamistische Angriffe auf die Büros kommunistischer Parteien und
Gewerkschaftsorganisationen, wie auch auf die Hauptquartiere von PUK und KDP machen bereits heute deutlich, dass der Kampf gegen die
»Ungläubigen« auch nach einem Abzug der Besatzungsgruppen weitergeführt wird.
Positionen z.B. vermeintlich linker Kräfte in der BRD, die heute von einer nationalen
Befreiungsbewegung im Irak sprechen, dem bewaffneten Widerstand generell eine fortschrittliche Dimension zusprechen und dessen uneingeschränkte
Unterstützung fordern, treffen bei den linken und fortschrittlichen Kräften im Irak auf Unverständnis. Die radikale Kampfform militant oder
militärisch operierender Gruppen wird offensichtlich mit revolutionären Zielen und fortschrittlicher Programmatik gleichgesetzt. Diese Sichtweise
führt dazu, dass Widerstandsgruppen oder -organisationen nicht an ihrem Programm, sondern an den eingesetzten Kampfmitteln gemessen werden.
Wesentlich geeigneter, um zu einer angemessenen Einschätzung zu gelangen, ist die
Auseinandersetzung mit den Vorstellungen der Widerstandsgruppen darüber, wie sie sich die von ausländischer Okkupation befreite Gesellschaft
vorstellen. Insbesondere ist hier von Bedeutung, mit welchen Mitteln und Zielen bereits während des »nationalen« Widerstandes
Gegenstrukturen zur Besatzungsmacht aufgebaut werden. Die nationalistischen und islamistischen Kräfte, die aktuell die Hauptakteure des bewaffneten
Widerstandes im Irak ausmachen, sind in ihrer politischen Grundhaltung reaktionär und antidemokratisch. Wer für die Befreiung des Menschen von
allen Formen der Unterdrückung, Entfremdung und Erniedrigung eintritt, muss heute im Irak dafür kämpfen, dass nicht eine Form der
Unterdrückung durch eine andere ersetzt wird.
Gerade auch die Geschichte der arabischen Linken lehrt darüber hinaus, dass ein
mechanisches und in Etappen gedachtes Verständnis des politischen Entwicklungsprozesses zu falschen bündnispolitischen Entscheidungen
führt. Die organisatorische Einbindung und Unterordnung der Linken unter die nationalistische Bewegung, um zunächst vereint die formale
Unabhängigkeit zu erkämpfen und erst dann in einem zweiten Schritt die soziale Frage zu stellen, hat für die Linke in einem politischen
Desaster und der Liquidierung ihrer Kader geendet. Die gleichen Erfahrungen lassen sich für die Linke aus den Erfahrungen im Iran ziehen. Die
Fehleinschätzung bezüglich der islamistischen Kräfte als antiimperialistisch und die sich daraus ergebende Bündnispolitik zum Sturz
des Schah-Regimes und in der unmittelbaren Folgezeit haben sich für die Linke im Iran ebenso als tödlich erwiesen.
Der Kampf gegen die Besatzung im Irak kann von linken und fortschrittlichen Kräften
innerhalb und außerhalb des Irak nicht vom Kampf für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung getrennt werden. Dieser
Grundsatz ist im Rahmen der Bündnispolitik wie der Wahl der Aktions- und Kampfformen zu berücksichtigen. Solidarität mit dem
Widerstand gegen die Besatzung im Irak kann deshalb nicht kritiklose Bezugnahme auf den derzeitigen bewaffneten Widerstand bedeuten, sondern ist
Verpflichtung alles uns mögliche zu tun, in den imperialistischen Ländern selbst den politischen Preis für die Besatzer zu erhöhen und
letztlich die Fortsetzung der Besatzung zu verunmöglichen. Eine solche Herangehensweise verschafft den linken und fortschrittlichen Kräften im
Irak selbst mehr Handlungsspielräume. In diesem Sinne sollten wir in der Tat den Widerstand gegen die Besatzung im Irak zu unserer eigenen Sache
machen.
Brigitte Kiechle
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