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Spätestens, als auch mit Zustimmung der deutschen Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Aventis entschieden wurde,
die Landwirtschaftssparte Aventis Crop Science an Bayer zu verkaufen, war den nüchternen Beobachtern klar: Aventis war damit ein
Übernahmekandidat geworden. Die Spekulation der Aventis-Manager, den Börsenwert des Unternehmens durch einen Verkauf so zu erhöhen,
dass eine Übernahme der Aventis zu teuer werden würde, ist nicht aufgegangen.
Als die Auseinandersetzung um das Übernahmeangebot der Sanofi-Synthelabo für
Aventis begann, war allen klar, dass es nur um die Höhe des Preises ging. Einzig die Vertreter der IG BCE glaubten der rein taktischen Argumentation der
Aventis-Manager, besser ohne Partner die Unternehmenszukunft gestalten zu können. Im Hinterkopf hatten sie dabei offensichtlich ständig die
Hoffnung, deutschen sozialpartnerschaftlichen Einfluss durch deutsche Manager bei Aventis sichern zu können.
Wesentlich klarer wurde die Situation bei Aventis von den französischen
Gewerkschaftern gesehen. Diese Schlussfolgerung ist zumindest aus direkten Gesprächen mit Vertretern der Gewerkschaft SUD-Chemie und den
Stellungsnahmen der im europäischen Betriebsrat vertretenen Gewerkschaften (CFDT, CGT, CFTC, CGT-FO, CFE-CGC) zu entnehmen. In allen
Äußerungen wird ein tiefes, aus aktuellen Erfahrungen gespeistes Misstrauen gegen das Aventis-Management deutlich. Aventis war gerade in
Frankreich dabei, mit großer Arroganz ein Rationalisierungsprogramm mit einem Einsparungsvolumen von 500 Millionen Euro durchzuziehen, und fing
gerade damit an, die Ausgliederung von Produkten im Wert von 1,5 Milliarden Euro Umsatz zu planen. Sehr klar haben in Frankreich auch alle
Gewerkschaftsvertreter nicht nur bei Aventis, sondern auch bei Sanofi-Synthelabo erkannt, dass beide Firmen Übernahmekandidaten sind und die Gefahr
besteht, von amerikanischen Unternehmen übernommen werden zu können, was für die französischen Kollegen eine Horrorvorstellung
darstellte.
Ein weiterer durchgängiger Kritikpunkt der Gewerkschaften am Management der
Aventis ist der Verdacht, dass Aventis die Absicht habe, sich in eine reine Finanzholding umzuwandeln. Dabei kritisieren sie auch, dass Aventis sich zu sehr auf
die finanziellen Aspekte des Unternehmens konzentriert und sich um die gesamtgesellschaftliche Aufgabe in der Gesundheitspolitik drückt.
Jetzt, da alle Würfel für eine Übernahme der Aventis durch Sanofi-
Synthelabo gefallen zu sein scheinen (letztendlich müssen erst noch die Aktionäre von Aventis ihre Aventisaktien tauschen), sieht es ganz so aus, als
wenn sich die IG-BCE-Betriebsräte bei der Aventis in eine Sackgasse manövriert hätten. Es sieht so aus, als hätten sie dem
vermeintlichen Kampf gegen die Übernahme mit allen Mitteln so sehr geglaubt, dass sie jetzt nicht in der Lage sind, sich auf die neuen Realitäten
einzustellen. Während sich ihre hochgeschätzten Sozialpartner längst damit beschäftigen, sich in der zukünftigen Sanofi-Aventis
die besten Jobs zu sichern, sehen sich die IG-BCE-Betriebsräte weiterhin nicht in der Lage, die notwendigen Sachgespräche mit den Managern von
Sanofi-Synthelabo zu führen, die diese ihnen längst angeboten haben.
Es scheint schwer für deutsche Mehrheitsbetriebsräte, erkennen zu müssen,
dass man nur noch der Wurmfortsatz eines globalisierten Unternehmens ist. Und schwer, wenn nicht gar unmöglich, wird es für diese
Mehrheitsbetriebsräte sein, selbstkritisch festzustellen, dass sie an dieser Entwicklung erheblich Mitverantwortung tragen. Sie haben schließlich in
den letzten 10 Jahren allen Einzelschritten bei der Zerschlagung der Hoechst AG ihr Ja-Wort erteilt. Das Nein beim letzten Schritt werden sie sicher bald
sozialpartnerschaftlich korrigieren.
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