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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juni 2004, Seite 9

Sozialabbau

Nach der Reform ist vor der Reform

von REINER TOSSTORFF

Auch wenn die letzten Jusos aufjauchzten, endlich habe Gerd es begriffen: Bei den jüngst in der Öffentlichkeit platzierten Berichten über einen Regierungskonsens, den so harmlos als »Belastungen für die Bürger« bezeichneten Sozialabbaukurs anzuhalten und umzusteuern, handelt es sich um Propaganda. Sicher, vieles, was die »Reformer« so an großen Einschnitten vorbereiten, von Studiengebühren über Umstellung der Krankenversicherung auf Kopfprämien bis Privatisierung der Rente, wird wohl erst einmal auf die etwas längere Bank geschoben. Es ruft zuviel gesellschaftlichen Widerstand hervor. Dieser soll sich erst einmal an den Folgen der Hartz- Reformen ab Anfang nächsten Jahres abarbeiten.
Doch heißt das nicht, dass überhaupt nichts mehr vorbereitet wird. Die Zeit hat enthüllt, dass jetzt die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe eine Ergänzung erfahren soll. Auch das Wohngeld soll drastisch gekürzt werden. »Wer mit der zugestandenen Summe künftig seine Miete nicht bezahlen kann, erhält sechs Monate Zeit, sich eine billigere Behausung zu suchen.« Offiziell heißt es in diesem Artikel, das Genauere werde noch geprüft. Doch wie lange sprach man nur allgemein von der möglichen Abschaffung der Arbeitslosenhilfe? Plötzlich wurde sie ganz schnell durchgezogen.
Die Auswirkungen kann man sich angesichts des realen Wohnungsmarkts kaum drastischer ausmalen: Zwangsräumungen in einem Umfang, wie es sie seit der Weltwirtschaftskrise in Deutschland nicht mehr gegeben hat, und Abschiebung in sich eh schon herausbildende Arbeitslosen- und Sozialhilfeghettos. Sozialausgaben sollen so drastisch zu gekürzt werden, um die »unproduktiven« Teile der Bevölkerung bestenfalls als eine wenig Kosten verursachende Tagelöhnerklasse zu halten, die auch räumlich getrennt (und damit leichter kontrollierbar) ist vom »Rest« der Bevölkerung.
An der Seriosität dieser Information ist angesichts dieses Blattes nicht zu zweifeln. Es ist also höchste Zeit, dass sich die neue Protestbewegung auch um diese Frage kümmert, um bereits im Vorfeld dagegen Widerstand aufzubauen. Denn wenn ein entsprechendes Gesetz einmal dem Bundestag vorliegt, dürfte es eher noch verschärft als aufgehalten werden.

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