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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juli 2004, Seite 4

Zum Arbeitnehmerbegehren der IGM

Nicht zu Ende gedacht

von THIES GLEISS

Wie weiter nach den großen Demonstrationen vom 3.April gegen die Agenda 2010 der Bundesregierung? Diese wichtige Frage hat die IG Metall mal wieder weitgehend einsam und von oben entschieden. Seit Anfang Juni läuft in den Betrieben das sog. »Arbeitnehmerbegehren«, eine Unterschriftensammlung für sechs Forderungen gegen den Sozialabbau: für ein gerechteres Steuersystem und Einführung der Vermögensteuer; gegen Praxisgebühren und Rentenkürzungen und für eine Bürgerversicherung; für mehr betriebliche Altersversorgungssysteme; für mehr Investitionen und Chancengleichheit bei der Bildung; gegen Arbeitszeitverlängerung und für eine »gerechte Verteilung der Erwerbsarbeit«; gegen Niedriglöhne und verschärfte Zumutbarkeitsregelungen und für mehr Kaufkraft.
Mit diesen konkreten Forderungen kann sicher sinnvoll gearbeitet werden. Die Konzentration auf die wichtigsten Knackpunkte der Agenda 2010, um wenigstens einzelne daraus durch noch stärkere Mobilisierungen zu Fall zu bringen, ist Konsens bei fast allen Kräften, die die Aktionen vom April organisiert haben. Die Bürgerversicherung ist zwar umstritten und eine klare Forderung nach Arbeitszeitverkürzung fehlt, aber wir würden den Forderungskatalog durchaus akzeptieren, wenn die Kampfform etwas stimmiger wäre. Die Form der Unterschriftensammlung kocht den kollektiven Widerstand, der sich in Aktionen mit einer halben Million Menschen schon prächtig entwickelt hatte, wieder auf eine individuelle Schmalspurgeste ein. Das wird nur dann Wirkung erzielen, wenn die Summe der Unterschriften alles Frühere in den Schatten stellt. Wenn es nicht 10 oder 15 Millionen Unterschriften werden, dann bleibt ein dynamischer Effekt sicher aus. 42% Wahlbeteiligung bei der Europawahl, 3 Millionen weniger Stimmen für die SPD und 1,5 Millionen weniger für die Unionsparteien sind im Grunde »Arbeitnehmerbegehren« genug.
Die IG Metall und der Rest-DGB können sich an der simplen Tatsache nicht vorbeidrücken, dass nur verschärfte kollektive Aktionen inner- und außerhalb der Betriebe den Druck erhöhen werden. Was den Unternehmerverbänden recht ist, könnte der IG Metall doch nur billig sein, ein Ultimatum an die Regierung: Wenn die Erfüllung der sechs Sofortforderungen nicht bis September eingeleitet wird, dann beginnen politische Arbeitsniederlegungen. Wer die Agenda 2010 oder auch nur Teile daraus verhindern will, der muss wohl oder übel die Schröder-Regierung beiseite schieben.

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